Filmkritik
Schmerzhaftes Erwachsenwerden
Ein abgelegener Küstenstreifen Neuseelands wird zum Schauplatz eines verstörend stillen Dramas. In intensiven Bildern zeigt die Regisseurin Christine Jeffs das unaufhaltsame, beinahe beiläufige Auseinanderbrechen einer Familie inmitten einer paradiesischen Umgebung.
Die ehemalige Werbefilmerin Christine Jeffs verfilmte mit ihrem Leinwanddebüt "Rain" einen Roman von Kirsty Gunn. Darin hat die Autorin eine ungewöhnliche Coming-Of-Age-Geschichte mit dem Schicksal einer Frau in mittleren Jahren verbunden, die nicht akzeptieren will, dass ihr Leben bereits zum Stillstand verdammt ist.
Neusseland, 1972, in einem Ferienbungalow an der Küste. Die 13-Jährige Janey (Alicia Fulford-Wierzbicki) versucht krampfhaft, erwachsen zu werden. Wenn ihr kleiner Bruder Jim (Aaron Murphy) mit ihr am Strand spielen will, ist sie nicht mehr mit ganzem Herzen dabei. Am Abend beobachtet sie, wie die Erwachsenen bei ausgelassenen Strandparties flirten und tanzen. Ihre Mutter Kate (Sarah Peirse) ist ruhelos und ertränkt ihren Lebensfrust in Alkohol. Auf der Suche nach neuer Leidenschaft in ihrem Leben strahlt sie laszive Sinnlichkeit aus. Als der Fotograf Cady (Marton Csokas) auftaucht, beginnt sie eine Affäre mit ihm, heimlich beobachtet von ihrer Tochter. Janeys sexuelle Neugier ist geweckt, und sie beginnt auf ihre Weise, um den attraktiven Mann zu werben. Jim begreift nicht, weshalb seine Schwester mit ihrem neuen Kleid zu Cadys Boot hinüber schwimmt. Währenddessen versucht Ed (Alistair Browning), der Vater und Ehemann, die Entfremdung von seiner Frau auf dem Liegestuhl mit Whisky zu ersäufen. Hilflos glaubt er, durch stilles Akzeptieren seine kleine Familie retten zu können. Doch das Drama ist nicht aufzuhalten.
Das Wunderbare an Jeffs Film ist, dass die ästhetische Fotografie sich nie in den Vordergrund drängt, sondern immer im Dienste der Geschichte eingesetzt wird und eine durchgängige Atmosphäre des leichten Unbehagens an einem an sich paradiesischen Ort erzeugt. Dazu kommt sparsam eingesetzter Dialog, der nichts erklärt, sondern immer nur dem Moment entspringt. Während des ganzen Films ist zwar vorhersehbar, dass etwas passieren wird, und ab einem gewissen Punkt sogar was passieren wird, doch will man als ZuschauerIn die unabwendbaren Ereignisse nie wirklich wahrhaben. Und auch wenn eine leise moralische Note im Ende des Films mitschwingt, ist die Figurenzeichnung in "Rain" zu komplex, um einfache Schlüsse zuzulassen. Einzig der aufdringliche Soundtrack mit einer teilweise gar zu beschwingten Mischung aus Country und Pop stört dieses erstaunliche Erstlingswerk.
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