Star Trek: Nemesis USA 2002 – 120min.

Filmkritik

Ausgleichende Gerechtigkeit

Patrick Becker
Filmkritik: Patrick Becker

Mit "Star Trek X: Nemesis" geht der Trekkie-Kult bereits in die zehnte Runde und die "Next Generation"-Crew um Captain Picard in ihr viertes (und vielleicht letztes?) Abenteuer. Und wieder einmal mehr will ein charismatischer Bösewicht der Enterprise und gar der ganzen Menschheit an Kopf und Sternenflotten-Kragen.

Eigentlich sollte es ja der letzte gemeinsame und friedliche Flug der "Next Generation"-Crew werden, doch kommt wie immer etwas Unvorhergesehenes dazwischen. Nach einem Putsch auf Romulus, dem Heimatplaneten der Romulaner, und einem plötzlichen Friedensangebot an die Föderation, soll Captain Picard (Patrick Stewart) als Vermittler fungieren. Überraschenderweise trifft er aber keinen eigentlichen Romulaner als neuen Machthaber an...

"Live long and prosper" (Lebe lang und in Frieden) gab der spitzohrige Spock permanent von sich - wie recht er doch haben sollte! Nach über 23 Jahren (im Fernsehen sogar 36), 6 TV-Serien, 30 Videogames und massig Merchandise-Produkten à la "Spitzohren zum selber ankleben", kommt nun bereits der zehnte Spielfilm im "Star Trek"-Universum ins Kino. Nach einer inoffiziellen Trekkie-Regel soll ja jeder Kinofilm mit einer geraden Nummer ein guter "Star Trek"-Film sein. Und nach zwei Jahren Verspätung müsste die Nummer 10 erst recht die hohen Erwartungen erfüllen. Gelingt dies Nemesis, der griechischen Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit, oder geht dem "Star Trek"-Universum langsam die Luft aus? Darauf deutet nicht nur die Verspätung hin, sondern auch andere Veränderungen, die mit "Star Trek X" frisches Blut bringen sollen. Das erste Mal wurde für das Drehbuch mit John Logan ("Gladiator") eine erfahrene externe Person für die Storyentwicklung hinzugezogen. Trotzdem dürfte dieser neben Rick Berman (Produzent & Drehbuch aller "Next Generation" Kinofilme) kaum zu grossen Veränderungen berechtigt gewesen zu sein. Und mit Stuart Baird ("U.S. Marshals") hat zum ersten Mal seit dem ersten "Star Trek"-Film kein "Star Trek Familienmitglied" die Regie geführt. Wurde doch einigen Filmen vorgeworfen, einfach eine aneinander gefügte zweiteilige Serie mit grösserem Budget zu sein, trifft dies hier nicht mehr zu. "Star Trek X: Nemesis" hat das Flair eines Kinofilms, bereichert mit tollen Effekten und einer eher schwachen Story. Wie auf dem Kinoplakat ersichtlich, wird einem schnell klar, wer hier im Mittelpunkt stehen wird: Captain Picard, Data (Brent Spiner) und der sehr gut aufspielende Bösewicht Shinzon (Tom Hardy). Die anderen Figuren werden für einen allfälligen letzten Flug ihrer Enterprise mit teils regelrecht peinlichen Alibi-Auftritten abgespeist. Beverly Crusher (Gates McFadden) und Geordi La Forge (LeVar Burton) dürfen ein Sätzchen von sich geben, Worf (Michael Dorn) ein bisschen rumballern und den Pausenclown spielen und Ryker (Jonathan Frakes) sowie Deanna Troi (Marina Sirtis) trumpfen mit einer an Nötigung grenzenden Pseudo-Liebesszene auf. Und wenn dann noch ausgerechnet Picard, der ja eher für seinen Stil und Intellekt bekannt ist, in einer sinnlosen und an "Mad Max" erinnernden Verfolgungsjagd einem Androiden weismachen will, warum Männer schnelle Autos über alles lieben, dann ist es nur noch "intergalaktischer" Blödsinn.

Neben den meistens sehr uninspiriert wirkenden Actionsequenzen bekommt man aber immerhin eine der beeindruckendsten Weltraumschlachten der "Star Trek"-Geschichte zu sehen. Die bekannte Musik von Jerry Goldsmith, gute Spezialeffekte und das typische "Star Trek"-Design lassen immer wieder Atmosphäre entstehen. Das gute Zusammenspiel der Hauptdarsteller, sowie die weit über "Star Wars"-Niveau liegenden Dialoge wissen auch über den einen oder anderen Durchhänger hinwegzutrösten. Für den Einstieg ist "Star Trek: Nemesis" jedoch kaum empfehlenswert, werden doch einige wenige Vorkenntnisse für den Filmspass vorausgesetzt.

Trotz dieser mittelmässigen Nummer 10 dürfte dies wohl kaum der letzte "Star Trek"-Kinofilm gewesen sein. Denn das Ende lässt mehrere interessante Optionen offen und Paramount wird wohl kaum seine Goldkuh opfern. Mal schauen wie lange es dieses Mal dauert, bis eine halbwegs verfilmenswerte Story gefunden wird. Rick Berman dürfte ruhig mal eine Pause einlegen und einer spannenden Story Platz machen.

07.06.2021

3

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Kommentare

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faron

vor 13 Jahren

Nicht wirklich der Hammer, aber eine interessante Story. Aus der hätte man allerdings auch mehr machen können.


benusa

vor 21 Jahren

Gott, was habe ich vier lange Jahre jede einzelne Info zu Star Trek: Nemesis in mich aufgesogen...

Zuerst das positive an Star Trek: Nemesis:

1. Die Musik ist einfach grossartig. Besonders das Intro...
2. Die Dialoge sind weitaus besser als bei Star Wars und werden von den Darstellern ueberwiegend gut vorgetragen, was uns zu drittens bringt...
3. Die Darsteller sind wirklich in topform und man merkt ihnen an, dass ihnen dieser Film wirklich am Herzen lag.
4. Die Spezialeffekte sind teilweise gut gelungen und zum ersten Mal wirkt ein Star Trek-Film wie ein richtig bombastischer SF-Film, auch wenn die Weite und Groesse eines Star Wars-Films noch fehlt.

Nun das Negative:

1. Die Story gibt fast nichts her und wird einfach wie in einer Seifenoper runtergespielt. Schade...
2. Die Romulaner, die nun endlich einen grossen Auftritt erhalten sollten, kommen fast ueberhaupt nicht zur Geltung.
3. Bis auf Picard, Data und Shinzon haben die anderen Charaktere fast gar nichts zu tun...
4. Data. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Data, aber der B-Plot um Data war einfach total bescheuert. Brent Spiner ist es zwar gelungen zwei voellig unterschiedliche Charaktere darzustellen (was fuer ihn als Schauspieler spricht), aber das die Produzenten am Ende nicht den Mut hatten, Data endgueltig sterben zulassen, macht den ganzen Subplot zu nichte und beweist nur, dass Berman & Co nicht wirklich zu Risiken bereit sind.
5. Der Schnitt. Star Trek: Nemesis ist wirklich unsagbar schlecht geschnitten, dabei haette ich von Stuart Baird wirklich mehr erwartet.
6. Wo sind die versprochenen Gastauftritte? Ja, Kate Mulgrews Auftritt war wirklich gut und genau richtig, aber Whoopi Goldberg hatte gerade mal nur einen Satz und Wil Wheaton war letztendlich nur ein besserer Statist. Vergeudetes Talent.
7. Das Autorennen. Ich haette wirklich niemals gedacht, dass man mal in einem Star Trek-Film ein Autorennen sehen wuerde. Zu den Aliens auf dem Wuestenplaneten moegen Autos ja passen, aber zur ach so hochentwickelten Foederation? Da hab ich meine Zweifel...
8. Worf. Ich liebe Worf zwar auch, jedoch war seine Praesenz in diesem Film (und insbesondere auf der Enterprise) voellig ueberfluessig. Zumindest eine Erklaerung waere wuenschenswert gewesen.
9. Das Ende. Das Ende an sich hat mir gut gefallen, jedoch wirkt es auf mich, als wuerde noch eine Forsetzung folgen. Aber auch da hab ich meine Zweifel...

An sich hatte der Film gute Ansaetze und einiges hat mir wirklich gut gefallen (z. B. die Anfangssequenz), jedoch ist dies absolut nicht der beste Star Trek-Film, und auch kein in allen Kategorien ueberzeugender SF-Film.

Ich hoffe sehr, dass noch ein weiterer Next Generation-Film folgen wird, da die Charaktere und Darsteller einen wuerdigeren Abgang verdient haetten.Mehr anzeigen


stedom

vor 21 Jahren

Nicht so schlecht wie in vielen Kritiken beurteilt


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