Die Zwillinge Luxemburg, Niederlande 2002 – 137min.
Filmkritik
Wenn Schwestern hassen
Ein Familiendrama vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs erzählte die holländische Autorin Tessa de Loo in ihrem Bestseller "De Tweeling", den Regisseur Ben Sombogaart aufwändig, aber erzählerisch zäh unter dem Titel "Twin Sisters" umgesetzt hat. Eine Literaturadaption aus dem Mittelfeld: Anspruchsvoll und gut gemeint, aber dennoch ein Fehlschlag.
Nach dem Tod ihres Vaters werden die Zwillinge Lotte (Thekla Reuten) und Anna (Nadja Uhl), welche in den zwanziger Jahren in Köln leben, getrennt. Lotte kommt nach Holland, in eine wohlhabende Familie jüdischen Ursprungs, während Anna bei ihrem Onkel, einem rabiaten Bauern, aufwächst. Der Kontakt zwischen den Schwestern wird von beiden Seiten verunmöglicht. Lebt Lotte ein privilegiertes und glückliches Leben, sieht sich Anna der Gewalt und Armut ihres Onkels ausgesetzt. Als Lotte Jahre später erfährt, dass ihre Eltern ein Wiedersehen mit ihrer Schwester verhindert haben entschliesst sie sich Anna im Nazideutschland zu suchen.
Die Tochter vom Land, und die Tochter der Kultur begegnen sich schliesslich nach Jahren der Trennung mit völlig unterschiedlichen Perspektiven wieder. Gerade Annas Arbeit als Dienstmädchen im Haus einer mit den Nazis sympathisierenden Baroness, und ihre Liebe zu einem SS-Offizier lassen eine erschreckend naive Form von Rassismus zu Tage treten, vor der auch Lotte, welche den Juden David liebt, nicht verschont bleibt. Die historischen Umstände treiben einen Keil zwischen die beiden Frauen, der auch nach über fünfzig Jahren als sie sich ein weiteres Mal begegnen, noch nicht verschwunden ist.
Wieviel Verbundenheit bleibt bei Blutsverwandschaften übrig, wenn das Leben derart unterschiedlich verläuft? Trotz guter darstellerischer Leistungen von nadja Uhl und Thekla Reuten vermag der Film diese Frage nie sauber auszuformulieren. In behäbigen bedeutungsschwangeren Dialogen und einem schleichenden Erzählrhythmus verlieren sich die guten Ansätze der Geschichte. Besonders deutlich ist dies in den kargen Nebenrollen zu erkennen, wo gerade die männlichen Figuren allzu schwach gezeichnet sind und nie greifbar werden. Einzig Barbara Auer als eine von Dekadenz geblendete Baroness vermag einige Akzente zu setzen.
Ben Sombogaart und Drehbuchautorin Marieke van der Pol sind derart erpicht darauf den Zuschauer in den emotionalen Zustand der Zwillinge zu versetzen. Wir sollen Tränen des Wiedersehens und Tränen der Trennung gleichermassen stark vergiessen, bleiben aber ohne echte Bindungen an die Figuren unberührt und verwirrt zurück.
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