Chouchou Frankreich 2003 – 105min.

Filmkritik

Ein falscher Fünfziger in Paris

Filmkritik: Eduard Ulrich

Arabischer Herkunft, transsexuell, ungebildet, arm, obdachlos und ohne Freunde: Als Chouchou in Paris ankommt, ist er zwar ganz unten, aber so kann es in dieser schrägen und teilweise überdrehten Transvestitenkomödie nur noch aufwärts gehen. Der Kassenerfolg in Frankreich ist gut untertitelt, der Sprachwitz blieb großenteils erhalten.

Chouchou (Gad Elmaleh) reist aus dem Nahen Osten nach Paris, um seinen Cousin zu suchen. Ohne Geld und Beziehungen ist er auf fremde Hilfe angewiesen. Mit einem Poncho wie ein südamerikanischer Indio verkleidet, versucht er sich als Flüchtling und Opfer des Diktators Pinochet auszugeben, weil er von einer Organisation gehört hat, die solchen Leuten beisteht.

Er landet bei einer kleinen katholischen Gemeinde, deren pragmatischer Pfarrer (Claude Brasseur) von Frère Jean (Roschdy Zem) unterstützt wird. Frère Jeans gläubig-brave Fassade trügt, wie so vieles in diesem Film, denn er wird, meist nachts, von speziellen Vorstellungen der Jungfrau Maria heimgesucht, deren Ursprung in der durch das Zölibat unterdrückten Sexualität liegt.

Die Spannung zwischen der Sexualität und ihren zugelassenen Ausdrucksformen ist die Triebfeder der Figuren: Chouchou drückt seine Homosexualität zwar bereits durch seine Art zu reden und sich zu bewegen aus, zur Hochform läuft er aber erst als Transvestit auf. Es ist sein Glück, dass er bei einer Psychologin als Hausmädchen angestellt wird, da sie mit ungewöhnlicheren Abweichungen vom Mehrheitsverhalten zu tun hat und gut mit ihm zurecht kommt - was man von ihren Klienten nicht behaupten kann. Chouchou findet schliesslich auch in seiner Freizeit Anschluss - logischerweise in einer Szene-Bar mit Transvestiten-Show und einschlägiger Kundschaft.

Regisseur Merzak Allouache beschreitet mit diesem Film neue Wege. Er knüpft an seine spielerisch-amüsanten Vorgänger "Bab El-Oued City" (1994) und "Salut cousin!" (1996) an, stellt jedoch die Personen und ihre bizarren Erlebnisse in den Vordergrund. Die erzählte Geschichte spielt nur eine Nebenrolle. Ihre Hauptfunktion ist, Gelegenheiten für das überkandidelte Spiel seiner Staffage zu schaffen.

Wie schon bei "Salut cousin!" gewinnt Allouache einen Hauptteil seiner Spässe aus dem tolpatschigen Verhalten und Reden seiner Hauptperson. Die gehen zu einem Gutteil auf das Konto der großen kulturellen Differenz oder mangelnder Bildung und offenbaren zudem ein sicheres Gespür für das nächste zu betretende Fettnäpfchen.

Man muss der Untertitelung ein Kränzlein winden, dass sie sich besondere Mühe gegeben hat, die zahlreichen Wortspiele mit Buchstabenvertauschungen ins Deutsche zu retten, denn sie trugen einen beträchtlichen Teil zum Erfolg in Frankreich bei. Diese Art Humor bleibt aber sicher Geschmackssache.

01.06.2021

3

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