Jesus, Du weisst Österreich 2003 – 87min.

Filmkritik

Da kniest dich nieder

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Sechs fragmentarische Porträts von Gläubigen, die nichts als beten, fast neunzig Minuten lang: Ein Film, so langweilig wie das Amen in der Kirche sicher, möchte man glauben. Wie Irren menschlich ist: Es gibt wieder Hymne, Baby!

Österreich und die katholische Kirche: Das ist auch die Geschichte einer langen Feindschaft. Der grosse Polemiker Thomas Bernhard bezeichnete den Nationalsozialismus einmal als "Katholizismus mit seltsamen Kreuzen". Von derart heilig-nüchternem Zorn ist Ulrich Seidl mit "Jesus, Du weisst" weit entfernt - und dennoch nicht weniger radikal. Der Wiener gibt seit "Tierische Liebe", "Models" oder "Hundstage" den provokativen Chronisten jenes sehr dumpfen Österreich, das Hunde vögelt, während sich die Schickeria am Wiener Opernball einbildet, ihr Land sei noch Weltmacht. Im Seidl'schen Panoptikum dreht sich nie jemand im Dreivierteltakt in der Hofburg zu Wien, dafür immer viel um Verzweiflungssex im Reihenhaus bei Attnang-Puchheim. Ausserhalb, ausser sich, abgefuckt: Hier beginnt die Seidl-Zone.

Und jetzt also ein Dokumentarfilm über Glauben und Kirche; ein waschechter, muss man sagen, weil das bei Ulrich Seidl, dem Grossmeister des inszenierten, genannt "Fake-Dok", keineswegs selbstverständlich ist. "Nicht die Heuchelei oder Erstarrtheit, das Zeremonielle, Bigotte, autoritär Konservative oder den Kitsch an der katholischen Kirche", habe er zeigen wollen, so der Regisseur - und bei Gott, er tut es nicht. Seidls Neuer wurde hymnisch als "Hardcore-Variante aller Religionsfilme" gefeiert, weil er reduzierter ist, als alle anderen vor ihm, und vor allem intimer: In "Jesus, Du weisst" wird nur gebetet, und zwar laut und deutlich. Der Student bereut seine erotischen Phantasien. Die Hausfrau beklagt die Unfähigkeit ihres Mannes, das richtige Fernsehprogramm auszuwählen. Die alte Dame, betrogen von ihrem Gatten, sinnt im Gebet nach Rache. Sechs Menschen öffnen ihre Herzen, heben die Stimme, gestehen Missbrauch, Einsamkeit und Verzweiflung - und blicken doch nur in Seidls Kamera.

Spätestens an dieser Stelle zeigt sich die Radikalität dieses Films, die sich programmatisch im ersten der sechs Porträts andeutet. "Jesus, Du weisst" kokettiert auch mit dem Konzept einer Fernseh-Talkshow, aber Seidl verweigert seinem Personal genau das, was ihm Pfarrer Fliege & Co. gerne garantieren: Da ist niemand, der so etwas wie Trost spendet; da ist im Grunde überhaupt nichts, ausser Menschen und ihr fester Glaube, dass dieser Jesus, der stumm über den Betern am Kreuze hängt, sie erhört und ihre Not. Das nachgerade erschütternde Allein-Sein wird noch totaler, weil Seidl es im Bilde verdoppelt. Nie waren seine Tableaus stimmiger: Wir sehen gezeichnete Menschen, nein, nur Köpfe, wie abgesunken auf den unteren Bildrand. Und über ihnen wölbt riesig sich die Kirche. Steinhimmel. Schweigen. Grossartig.

01.06.2021

4.5

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 21 Jahren

in verschiedenen räumen (z.b. krankenzimmer) hängen überwachungskameras, welche den alarm auslösen. diese kann man durch einen gezielten schuss ausser gefecht setzen.


commandante

vor 21 Jahren

bei verschiedenen missionen geht bei mir immer wieder der alarm los, ohne das ich irgendwas mache ? irgend wer eine ahnung warum ?


Sumo the Brain

vor 21 Jahren

Ich habe noch nie ein so geiles Game gespielt. Wenn die Demo so gut war, wie wird dann erst die Vollversion!?!?


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