Khamosh Pani - Silent Waters Indien 2003 – 99min.

Filmkritik

Die unerträgliche Schwere des Frau-Seins

Filmkritik: Irene Genhart

"Khamosh Pani" ist die hoch komplexe Schilderung des tragischen Schicksals einer Sikh-Frau in Pakistan, die durch politische Umwälzungen ihre Identität verliert.

Fünfundzwanzig Jahre ist es her, dass General Zia-ul-Haq in Pakistan das Kriegsrecht verhängte und die Islamisierung befahl. Er hat das Land damit ins bilderfeindliche Off manövriert, und so gesehen ist es vor allen Dingen einfach mal schön, mit "Kamosh Pani" einen Film vorgeführt zu kriegen, der in Pakistan gedreht wurde. Regie führte die Pakistani Sabiha Sumar, geboren in Karachi, die in New York und Cambridge studiert und bisher vor allem Dokumentarfilme gedreht hat.

Übergreifendes Thema ihres bisherigen Werks sind die Geschichte und Politik ihrer Heimat, vor allem aber die Lage und Anliegen der Frauen. Ergo steht auch im Zentrum ihres ersten abendfüllenden Spielfilms eine Frau. Ayesha (Kiron Kher) heisst sie, ist um die 40 Jahre alt und lebt als Witwe eines Moslems hoch geachtet zusammen mit ihrem 18-jährigen Sohn Saleem in einem kleinen Dorf im pakistanischen Punjab, nahe der indischen Grenze.

Man schreibt das Jahr 1979. Die von General Zia-ul-Haq duchgesetzte Islamisierung zieht grundlegende Veränderungen nach sich. Saleem, bisher ein verträumter Kerl, der nichts ausser die heimlichen Treffen mit seiner Geliebten Zubeida im Kopf hatte, schliesst sich trotz inständigen Abratens Ayeshas einer Gruppe von Fundamentalisten an und wendet sich von Zubeida ab.

Aber auch Ayesha verändert sich: Sie wird immer häufiger von Erinnerungen an ein schmerzliches Ereignis aus ihrer Kindheit heimgesucht, das während der Zweiteilung des Indischen Subkontinents vor 30 Jahren ihr Leben grundlegend veränderte. Als dann auch noch eine Schar indischer Sikh-Pilger ins Dorf strömt und nach der 1947verschleppten Sikh-Frau Veero zu suchen beginnt, wird Ayesha von ihrer Vergangenheit endgültig eingeholt.

Hoch komplex ist die Story von "Khamosh Pani". Sie beruht auf wahren Ereignissen, ist aber ohne profunde Kenntnisse der politischen Geschichte Pakistans nur schwer verständlich. Dass Sabiha Sumar zudem hauptsächlich mit Laiendarstellern arbeitet, die leider oft theatralisch agieren, macht den Zugang zu ihrem Film zusätzlich schwer. Überzeugend ist aber das Spiel von Kiron Kher, welche Ayesha mit viel Verve und grosser innerer Ruhe spielt. Lobenswert - und das dürfte den Ausschlag für den Goldenen Leoparden gegeben haben, den Sumar für "Khamosh Pani" 2003 von Locarno heimtrug - ist das Engagement der Regisseurin für die Sache der Frau, das ihren Film zu einem kleinen, politischen Manifest macht.

13.04.2004

4

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