Torremolinos 73 Dänemark, Spanien 2003 – 91min.
Filmkritik
Biedermanns im Pornoland
Der erste Spielfilm von Pablo Berger ist eine schräge kleine Komödie um einen biederen Buchhändler und sein braves Weib, die Anfang der 70er Jahre die Lust am Pornofilm-Drehen entdecken.
Die Story, die der Spanier Pablo Berger in seinem ersten langen Spielfilm auftischt, klingt abstrus, soll - was sich allerdings nicht bestätigen liess - ihre Wurzeln aber in der Wirklichkeit haben. Anfang der 70er Jahre erlitt der Buchhandel, bedingt durchs Aufkommen des Fernsehens, weltweit einen tiefen Einbruch. Zu den urplötzlich von der Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen gehörte unter anderem ein biederer Spanier namens Alfredo Lopez, der bisher von Haus zu Haus zog und Enzyklopädien verkaufte. Statt seine fliegenden Händler reihenweise zu entlassen, offeriert Alfredos Chef den Arbeitsnehmern und deren Gattinnen eine gratis Umschulung zum Super-8-Softporno-Filmteam.
Die meisten von Alfredos Kollegen springen ab - spätestens als es unter Anleitung eines extra eingeflogenen dänischen Filmteams zur Sache geht. Nicht so Alfredo und seine Frau Carmen: Er sieht darin die einzige Chance finanziell über die Runde zu kommen; sie hofft auf diese Weise endlich zum ersehnten Nachwuchs zu kommen. Carmens Wunsch bleibt - zumindest vorderhand - unerfüllt; Alfredos Traum vom schnellen Geld allerdings erfüllt sich nur zu schnell, da sich seine köstlich-frivolen Home-Movies als "Aufklärungsfilm" in Dänemark wie warme Semmeln verkaufen. Angespornt vom Erfolg wachsen in Alfredo Ambitionen. Er wähnt sich alsbald schon als Nachfolger seines Idols Ingmar Bergman und beginnt in Torremolinos - einem in den 70er Jahren als das "Las Vegas" Spaniens gefeierten Glamour-Badeort - seinen ersten langen Spielfilm zu drehen...
Ganz im Stil eines 70er Jahre-Sexmovies kommt "Torremolinos 73" daher. Die Hauptrollen spielen mit Javier Cámara und Candela Peña zwei in ihrer Heimat angesehene Schauspieler, die in ihren Rollen als Biedermann und Mäuschen glänzend überzeugen; vor allem Peña spielt die vor der Super-8-Kamera ihres Mannes frivol erblühende Unschuld mit reizvollem Excitement. Kein Wunder verfallen ihr die Dänen, kein Wunder dann auch kriegt es Alfredo mit der Eifersucht zu schaffen, als in seinem Spielfilm nicht er, sondern ein dänischer Schauspieler mit seiner Carmen vor laufender Kamera schläft.
So ist "Torremolinos 73" denn eine klein-feine Hommage an die in den 70er Jahre ihren Höhepunkt erreichende Softporno-Industrie und eine possierliche Abhandlung übers Leiden der Regisseure an ihrer Arbeit. Dass Berger formal zu viel will, dass er das Spiel mit den Filmen im Film - den Super-8-Pornos, später dann aber auch mit dem schwarzweiss gehaltenen Bergman-Verschnitt - übertreibt, sei ihm verziehen: Ein Bergman ist Berger nicht, wohl aber ein viel versprechender Filmemacher mit einem Kopf voll drolliger Ideen. Man darf gespannt sein, was er als nächstes serviert.
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