Das wandelnde Schloss Japan 2004 – 119min.
Filmkritik
Märchenschloss mal anders
Ein süss-saurer Prinz und eine zur runzligen Alten verzauberte Schönheit kämpfen gegen das Böse in ihrem Land und in ihren Herzen. In "Howl's Moving Castle" des japanischen Animationsmeister Hayao Miyazaki siegt die Liebe, den Zuschauer jedoch überzeugt das Dunkle.
Das Mädchen Sophie lebt als Hutmacherin in einer elsässisch anmutenden Stadt, die durch Freude, Feiern und Farbe geprägt ist. Allerdings steht ein düsterer Krieg vor der Tür, Anzeichen dafür sind dunkle Gestalten, die eines Nachmittags die kleine Sophie verfolgen. Gerettet wird sie vom sagenumwobenen Prinzen Hauro - es heisst, er entreisse den Frauen mit seiner Schönheit buchstäblich das Herz. Einer alten Hexe missfallen die aufkeimenden Sympathien zwischen den beiden, kurzerhand macht sie aus dem adretten Fräulein eine faltige Neunzigjährige, worauf sich die alte Sophie als Putzfrau in Hauros wandelndes Schloss rettet. Dort trifft sie auf den Feuerteufel Calcifer, der sich in Gestalt eines motzenden, putzigen Flämmchens präsentiert und auf den Zauberlehrling Markl. Der eitle Prinz Hauro müht sich mit seinen magischen Kräften und dunklen Seiten ab - bis der Krieg sein Land bedroht und er Verantwortung übernehmen muss.
In Japan haben der Animationsfilmer Hayao Miyazaki und sein Studio Ghibli schon lange über Kultstatus, und nun ehrt auch die restliche Welt sein Schaffen mit Oscars, Bären und Löwen. Der Japaner schafft es wie kein zweiter, eine derart überbordende Vielfalt in seinen Märchen zu vereinen. Die Themen sind gross in Miyazakis Filmen: Es geht um Dunkel und Hell, Leben und Verlust, Liebe und Hass, Rache und Vergeben. Es gibt einen jugendlichen Helden, der die Gabe besitzt, durch Liebe und Gutartigkeit das allgegenwärtig Böse zu besiegen. Die dazu verwendeten Geschichten sind in ihrer Struktur einfach, was Raum schafft für detailverliebt gezeichnete Einzelheiten und Nebencharaktere. Dies geschieht auch in "Howl's Moving Castle" nach dem Buch von Diana Wynne Jones.
Miyazaki schafft es in jedem seiner Filme, den Zuschauer auf der Stelle in seine Welt zu befördern, man folgt andächtig und konzentriert der Geschichte, die sich in vielen Facetten entwickelt. Bei seinem neuesten Werk hat der Regisseur jedoch etwas zu heftig in die Zuckerdose gegriffen, was zu Disney-artigen Szenen führt. Der Prinz ähnelt einem Mitglied einer Boygroup und bei der Landschaftszeichnung sowie der weiblichen Heldin scheint die Heidi-Obsession der Japaner Orientierungshilfe gewesen zu sein.
"Howl's Moving Castle" ist jedoch stark bei den dunklen Themen: Die kriegstreibenden Schleim-Männer, die vogelartigen Kampfflugzeuge, die latente Kriegsbedrohung sind furchteinflössend und überzeugend. Der Kampf des Prinzen Hauros mit sich selber ist spannend und zeigt eine gespaltene, leidende Persönlichkeit. Die Geister sind überall, es gibt Täuschungen, doppelte Identitäten, sich überlagernde Zeitebenen. Niemand ist, wer er zu sein scheint. Ein Highlight ist das Schloss: ein wankendes, ächzendes, insektenartiges Ungetüm, mit vier Ausgängen in verschiedene Orte und Zeiten, bietet den gestrandeten Figuren Unterschlupf und den Zuschauern Platz für die eigene Phantasie.
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Kommentare
Ein Film, den ich immer wieder schauen kann.
Hayao Miyazaki versteht es seinen Figuren eine Tiefe zu geben. Es gibt unglaublich viele schöne Momente im Film und mit jeder Minute gewinnt man die Figuren aus dem zauberhaften Märchen mehr und mehr lieb! Ein Filmgenuss! Nicht nur für Animefans!… Mehr anzeigen
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