Kung Fu Hustle China, Hongkong 2004 – 95min.

Filmkritik

Gehupft wie gesprungen

Filmkritik: Jürg Tschirren

Hongkong-Superstar Stephen Chow vermählt Martial-Arts mit dem überdrehten Humor eines Looney Tunes-Cartoons. Was sich hier haarsträubend liest, ist auch im Film kaum weniger als wahnwitzig - und unglaublich unterhaltsam obendrein.

"Kung Fu Hustle" sei nicht nur eine Kung Fu Parodie, sondern zugleich ein sehr guter Kung Fu Film, meinte unlängst J. Hoberman in der New Yorker "Village Voice". Damit hat der Mann natürlich recht: wie Peter Jackson mit "Braindead" für den Splatter Film, nimmt Stephen Chow hier die Eigenheiten des Martial-Arts Genres auf die Schippe, ohne sein Material der Lächerlichkeit preiszugeben. Wenn Chows Charakter Sing im Lauf der Handlung getreten, geschlagen, von selbst geworfenen Messern durchbohrt und von einer Schlange gebissen wird, ist das stets zum brüllen komisch und doch mehr als eine simple Gagparade.

Die Eröffnungsszene macht klar, dass in "Kung Fu Hustle" alles geht. An einer Strassenkreuzung, nicht unähnlich der "Five Points" in Martin Scorseses "Gangs of New York", mäht die gefürchtete "Axe Gang" einen Konkurrenten und seine Helfer nieder. So hat man es auch bei Scorsese gesehen, nur hätte der das Gemetzel kaum in einer Tanznummer enden lassen, in der die Bösewichte anmutig ihre namensgebenden Äxte schwingen. Kaum weniger überdreht geht es weiter, als die Gang eine Vorortssiedlung namens "Pig Sty" terrorisiert, deren Bewohner sich einer nach dem anderen als Kung Fu Meister herausstellen.

Die darauf folgenden obligaten Prügeleien sind einem Looney Tunes-Cartoon kaum weniger verpflichtet als traditionellen Kampfsportfilmen. Schön sieht man das in einer Szene, in der Sing in rasendem Tempo der Besitzerin des "Pig Sty" zu entkommen versucht, die in ihm steckenden Messer wie Rückspiegel benutzend. Sing entkommt, als die Matrone die Bodenhaftung verliert und platt gedrückt an einer Werbetafel kleben bleibt. Wer hier nicht an Road Runner und Wile E. Coyote denkt, hat in seiner Jugend zu wenig Fernsehen geschaut.

In seiner Heimat Hongkong schon lange ein Superstar, wurde der Westen spätestens durch "Shaolin Soccer" (2001) auf Stephen Chow aufmerksam. Wer den Film gesehen hat, weiss um Chows Melange von computergenerierten Spezialeffekten und fulminanter Martial-Arts. An beidem mangelt es auch "Kung Fu Hustle" nicht: Dank CGI werden Glieder gestreckt und Köpfe um 360 Grad gedreht. Dank Drahtseilen und präziser Choreographie (zuständig war Yuen Woo-Ping, der auch die Kämpfe in "The Matrix" oder "Kill Bill" in Szene setzte), gibt es Kampfszenen, die Genre-Veteranen wie den Shaw Brüdern die Freudentränen in die Augen treiben würden.

"Kung Fu Hustle" mag als Film nicht mehr sein als ein bunter Bilderregen von haarsträubenden Stunts und verrückten Effekten. Aber Stephen Chow - als Drehbuchschreiber und Regisseur quasi ein Auteur im Pulp-Format - hat ein Werk geschaffen, das vor kinetischer Energie fast zu platzen droht. Wer sich nach eineinhalb Stunden bestens unterhalten aus dem Sessel erhebt, tut wohl daran zu überlegen, ob Kino nicht genau für solche Vorhaben erfunden wurde.

19.02.2021

4

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Kommentare

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zeynel

vor 15 Jahren

Ein kleiner Jugendtraum wurde mit Kung Fu Hustle wahr. Und nicht
nur für den Hauptdarsteller und Regisseur des hier erwähnten
Filmes.

Genial zum Ersten: der vermeintliche Taugenichts Sing. Perfekt
gespielt von Stephen Chow höchstpersönlich.

Genial zum Zweiten: Der Herr Vermieter und seine Frau, die nicht
nur ein grosses, sondern auch ein schmerzhaft lautes Mundwerk
(der Löwenschrei) besitzt.

Originell insziniert ist auch das Ende von Kung Fu Hustle.

Und irgendwie erwartet man fast bis zum Schluss des Geschehens
keine heroischen Aktivitäten mehr von Sing.

Und aus diesem Grund genial zum Dritten: Sing präsentiert sich
nach seinen (eigentlich) unheilbaren Verletzungen in Höchstform.
Und die Parallitäten zu der Raupe, die nach ihrer Umwandlung
als Schmetterling "ohne jegliche Trainingsstunden" plötzlich
fliegen kann, wird unmissverständlich gut in Szene gesetzt.

Einfach genial.

Kung Fu Hustle: märchenhaft gut inszinierte Martial Arts.Mehr anzeigen


sniper8

vor 16 Jahren

ein dähmlicher film, aber extrem lustig. hätte nie gedacht, dass ich mich ab so einem schwachsinn amüsieren könnte.
hongkong-megastar stephen cow liefert eine materialschlacht mit viel amüsanten kampfszenen und herrlich schrägem humor ohne sinn ab.
manchmal ist zwar der humor etwas derb, aber so übertrieben wie kung fu hustle daher kam macht es alles wieder wett.
vieleicht ist kung fu hustle nicht jedermanns sache, aber dass er in asien ein riesenerfolg feierte ist kaum verwunderlich. ich bin jedenfalls voll auf meine kosten gekommen. einfach grölig!Mehr anzeigen


schnuggi77

vor 18 Jahren

Einfach geil. total durchgeknallt aber ein wirklich guter film, mit kung fu aber auch humor...


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