Napola Deutschland 2004 – 115min.

Filmkritik

Hitlers verführte Jugend

Filmkritik: Irene Genhart

Dennis Gansels "Napola" erzählt eine erschütternde Coming-of-age-Story aus Nazi-Deutschland.

Seit einigen Monaten arbeitet man im Deutschen Kino verstärkt an der Bewältigung des 2. Weltkrieges. Je mehr deutsche Kriegsverarbeitungsstorys über die Leinwand flackern, desto ausgefallener werden deren Themen. Augenfällig ist jüngst - abgesehen von "Der Untergang" - die Konzentration auf Storys um tapfer gegen das Nazi-Regime ankämpfende Helden. Marc Rothemunds "Sophie Scholl" gehört zu diesen, Volker Schlöndorffs "Der neunte Tag" und indirekt auch Dennis Gansels "Napola".

Seinen Titel verdankt Gansels dritter Spielfilm Adolf Hitler: "Napola" ist die Abkürzug für die "Nationalpolitischen Erziehungsanstalten", die "Ordnungsburgen", in denen eine "Jugend heranwachsen soll, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend, ..." wie Hitler ausführte. Er habe, hat Gansel auf die Frage, was ihn bewegte, "Napola" zu drehen, einen "Film über die Verführung der jungen Deutschen im Dritten Reich machen wollen" und habe sich dabei gefragt, "wie viel es brauche, einen jungen Menschen dazu zu bringen, etwas zu tun, wozu er eigentlich nicht bereit ist."

Der Protagonist seines Filmes ist folgerichtig ein 17-jähriger Arbeitersohn aus Berlin Wedding. Eben die Schule hinter sich, jobbt Friedrich in einem Kohlengeschäft und verbringt seine freie Zeit im Boxverein. Hier wird er von einem Talentjäger der Nazis entdeckt und zur Aufnahmenprüfung der Napolas eingeladen. Überzeugt, der Besuch von Hitlers Schule sei der einzige mögliche Weg zum (sportlichen) Erfolg, tritt Friedrich gegen den Willen der Eltern in die Napola Allenstein ein. Schnell findet er sich zurecht im drilligen Schultalltag. Das reichliche Essen und die sportlichen Einrichtungen imponieren ihm, bald schon brilliert er im Namen der Schule auch im Ring.

Darüber hinaus findet er im introvertierten Gauleiterssohn Albrecht einen engen Vertrauten und Freund. Eines Abends im Winter 42/43 dann aber werden die Jungmänner der Napola zu den Waffen gerufen. Übel ist, was in der folgenden Nacht geschieht, und als der sensible Albrecht sich am nächsten Tag deswegen das Leben nimmt, öffnet dies Friedrich die Augen.

Sicher: Max Riemelt spielt Friedrich überzeugend und auch der Rest des Casts ist gut. Auch darf es sich der Regisseur verdienstvoll auf die Kappe schreiben, dass dank seines Films einiges über die bis anhin eher totgeschwiegenen Hitler'schen Elite-Schulen bekannt wird. Glücklich wird man mit "Napola" dennoch nicht. Zum einen, weil der Film just da aufhört, wo bei seinem Protagonisten der Denkprozess erst anfängt. Zum andern wird man einfach den leisen Verdacht nicht los, dass der Regisseur mit der Schaffung eines kritischen Helden filmimmanent jeder Kritik zuvor zu kommen versucht, die man ihm wegen der ansonsten nicht eben kritischen Schilderung damals herrschender Zustände machen könnte.

17.02.2021

4

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Kommentare

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nb0paul

vor 17 Jahren

Abgesehen davon, dass sich die Handlung jeder historischen Korrektheit entbehrt (bsp.: Die Sache mit dem russ. Kriegsgef., gemischter Unterricht, Pastoren teilen den tod eines Gefalleenen mit!!!) weist der Film starke Mängel bezüglich der zeitlichen Komponennte auf. Der Abgänger der Napola-Schule und anfänglich als Berater fungierende Hans Müncheberg hat den Film als Fiktion im Dienste der politischen Korrektheit entlarvt. Schlichtweg eine billige Story im Dienst derMehr anzeigen


trost

vor 19 Jahren

Diesen Film kann ich jedem weiterempfehlen. Die Schauspieler spielen die verschiedenen Charakteren wirklich sehr gut, so dass das ganze sehr realistisch wirkt.


mike2005

vor 19 Jahren

Ein eher wohl lange stillgeschwiegenes Thema, das nun mit einem erstklassigen Film umgesetzt wurde. Eine starke schauspielerische Leistung erbrachte Max Riemelt als Friedlich. Alles in allem, beeindruckender Film!


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