Nocturne Schweiz 2004 – 84min.
Filmkritik
Leere Phrasen
Nach seinem Erstling «Scheherazade» wagt sich Riccardo Signorell in «Nocturne» an das heikle Thema Suizid.
Ein junger Mensch (Martin Rapold) hat beschlossen, sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Zweck quartiert er sich im Luxushotel Waldhaus in Sils-Maria ein und lädt seinen Bruder (Patrick Rapold) und dessen Freundin (Lisa Maria Potthoff) ein, um mit ihnen seine letzten Tage zu verbringen. "Nocturne", der zweite Spielfilm des Bündner Eishockeyspielers Riccardo Signorell ist eine Dreiecksgeschichte, ein Kammerspiel mit drei Akteuren.
David ist zum Suizid entschlossen, einen Grund dafür gibt er nicht an, er will ganz einfach Schluss machen. Sein Entscheid sorgt bei den Angereisten für sprachlose Bestürzung; natürlich versuchen sie, David seinen Plan auszureden. Doch worüber soll man mit jemandem, der bereits das Unfassbare beschlossen hat, noch diskutieren, wie redet man jemandem das Leben ein?
Signorell hat sich für seinen Film ein grosses Thema vorgenommen, ein Thema, das in der Schweiz, die eine der höchsten Suizidraten weltweit hat, von grosser Relevanz ist. «Nocturne» ist inhaltlich ambitiös und sicher auch gut gemeint, leider reicht das noch nicht für einen sehenswerten Film.
Dem Regisseur gelingt es nicht, ein einziges eindringliches oder originelles Bild für seine Geschichte zu finden. Ganz im Gegenteil reiht er die filmischen Klischees hemmungslos aneinander: So eröffnet der in Schwarzweiss gedrehte Film mit einer Szene, in der David einsam im Hotelzimmer sitzt und sich die Pistole an den Kopf hält, kurz darauf sehen wir ihn, wie er sich nackt vor dem Spiegel betrachtet. Zugegeben, es braucht eine gewisse Unverfrorenheit, derartig abgestandene Bilder, die man in schon dutzendweise in schlechten Schulfilmen bewundern durfte, zu zeigen. Bewegendes Kino macht man auf diese Weise aber sicher nicht.
Leider geht es im gleichen Stil weiter: Die obligate Dusche fehlt ebenso wenig wie der Tanz im Regen; die beiden Brüder betrinken sich und albern ausgelassen durch die langen Gängen des Hotels, später werden sie sich verprügeln. Und natürlich dürfen auch literarische Zitate nicht fehlen, um die Tiefe des behandelten Problems anzuzeigen, dieses Mal werden Hesse und Celan - ganz einfallsreich: "Die Todesfuge" - zitiert.
Die Brüder Martin und Patrick Rapold spielen die beiden Hauptfiguren; das wäre eigentlich eine ideale Voraussetzung für eine intime Studie. Doch obwohl die beiden Schauspieler auch am Drehbuch mitgearbeitet haben, es am Engagement also sicher nicht gemangelt hat, ist auf der Leinwand ausser hohlen Posen nichts zu sehen.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung