Filmkritik
Unterwegs ins Nirgendwo
Das Roadmovie "The Motorcycle Diaries" über den Revoluzzer Che Guevara kam gerade erst in die Kinos. Jetzt versucht der italienische Journalist und Dokumentarfilmer Gianni Minà aus dem selben Thema ein weiteres mal Kapital zu schlagen - mit seinem Making of "Travelling with Che Guevara".
Das Motorrad rattert, die Kamera hält drauf und streift dann über die wilden Landschaften Argentiniens. In Walter Salles' mit Poesie aufgeladenem Streifen "The Motorcycle Diaries" ist die Abenteuerlust der beiden Hauptprotagonisten Ernesto "Che" Guevara (Gael Garcia Bernal) und Alberto Granado (Rodrigo De La Serna) ständig spürbar. Das Making of hingegen setzt mehr auf nüchterne und stark verwackelte Bilder aus dem Camcorder.
Im Zentrum der Dokumentation steht Guevaras heute noch lebender Weggefährte von damals: Alberto Granado. Regisseur Gianni Minà nimmt den mittlerweile 82-jährigen mit zu den Dreharbeiten von "The Motorcycle Diaries". Dort lernt der tatterige Grosspapa die Schauspieler kennen und lässt sie - und den Zuschauer - an seinen Reiseerinnerungen aus der guten, alten Zeit teilhaben.
Leider kommt dabei nur wenig Tiefsinniges zu Tage. Auch die Gespräche mit "Motorcycle"-Macher Walter Salles sowie Minenarbeitern, Leprakranken und anderen Zeitzeugen sind nicht sehr aufschlussreich oder gar kritisch. Che Guevara wird während der ganzen Dokumentation glorifiziert. Seine Ängste? Seine Motivation? Seine persönlichen Macken? Darüber ist hier kaum etwas zu erfahren. Und dass der Freiheitskämpfer in seiner Sturm- und Drang-Zeit ein passionierter Nudelesser war, sind ja nun nicht wirklich sensationelle News.
Filmemacher Gianni Minà hat in der Vergangenheit durchaus bewiesen, dass er mit seinen Dokumentationen fesseln kann - wie in den Porträts von Spaghetti-Western-Ikone Sergio Leone, Box-Superstar Muhammad Ali oder dem ehemaligen Fussball-Helden Diego Maradona. An seinem aktuellen Projekt "Travelling with Che Guevara" fällt aber auf, dass es etwas lieblos zusammen geschnippelt ist.
Dazu kommt die Langfädigkeit der Inszenierung, die den Zuschauer mit der Zeit richtiggehend ermüdet. Da und dort ein paar Szenen weniger (wie die heillos verwackelten Aufnahmen während der Motorrad-Fahrt mit Opa Granado) hätten dem Making of sicher eine Spur mehr Drive verliehen. Doch Regisseur Minà konnte sich noch nie mit dem Motto "In der Kürze liegt die Würze" anfreunden. Seine Fidel-Castro-Dokumentation war stolze 16 Stunden lang.
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