Veer und Zaara - Die Legende einer Liebe Indien 2004 – 192min.

Filmkritik

Je länger, je lieber

Filmkritik: Eduard Ulrich

Viele Grenzen werden in diesem Bollywood-Streifen über die unmögliche Liebe zwischen Veer und Zaara verwischt: Länder-, Glaubens-, Standes- und leider auch Genre-Grenzen.

Jahrelang schmachtet ein indischer Offizier in einem pakistanischen Gefängnis, um seine Geliebte zu schützen und damit die Echtheit seiner Liebe zu beweisen. Seine legendenhafte Opferbereitschaft bietet den Rahmen für ein thematisches Potpourri, dessen Oberflächlichkeit nicht alle goutieren werden.

Reisen ist gefährlich. Es kann einem das Leben kosten, oder wenigstens das Herz, wie in diesem Fall. Die Tochter aus stinkreichem, pakistanischem Hause ist in Indien unterwegs und stirbt beinahe bei einem Unfall. Ihr Retter ist, wie könnte es anders sein, der Star des indischen Kinos, Schah Rukh Chan. Eigentlich der ideale Anfang einer Liebesgeschichte, wenn da nicht einige Hürden zu überwinden wären: Sie ist Muslimin der Oberschicht, er ein Hindu ohne Vermögen. Doch kaum scheinen diese Hürden genommen, taucht der versprochene Bräutigam auf, der seinen Nebenbuhler kurzerhand ins Gefängnis werfen lässt.

Dort hockt er nun jahrelang und schweigt, um seine Geliebte nicht zu desavouieren. In Rückblenden wird diese tragische Geschichte aufgerollt, und kaum ein Thema der indisch-pakistanischen Historie ausgelassen: Politische und religiöse Konflikte, Korruption in Polizei und Justiz, Berufsethik der Rechtsanwaltschaft, Emanzipation der Frau, dynastische Machtplanung, Traditionskritik und persönliche Moral. Selbst bei 3 Stunden Filmlänge fallen so für jedes Thema nur wenige Sätze und Szenen ab, und ernste Probleme dürfen gar nicht auftreten, was beim aufgeklärten europäischen Publikum den Eindruck grenzenloser Naivität im Glauben an die erzieherische Wirkung einer derartigen Darstellungsweise hervorrufen könnte.

Andere Länder, andere Sitten: In Indien und den grossen englischsprachigen Ländern eilt diese einfach gestrickte Masche von Kassenerfolg zu Kassenerfolg, was zu einem Teil wohl am zunehmenden Interesse an Bollywood-Produktionen liegt, zum anderen vielleicht an einem Berücksichtigen westlicher Sehgewohnheiten, indem die Anzahl und Dauer der Tanz- und Gesangseinlagen verringert wurde. Die handwerkliche Qualität rechtfertigt diesen Erfolg jedenfalls nicht: Schöne SchauspielerInnen und die üblichen wunderschönen Landschaften täuschen nicht über eine gewisse Lieblosigkeit und routinierte Stereotypie des Hauptdarstellers hinweg, und echte Regieeinfälle muss man mit der Lupe suchen.

07.06.2021

3

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Kommentare

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Fellekkango

vor 4 Jahren

wie kann ich mir diesen Film anschauen? es funktioniert bei mir nicht


geoseeker

vor 18 Jahren

Die Kritik wird dem Film nicht gerecht. Erstens ist es meiner Meinung nach falsch einen indischen Film mit europäischen Massstäben zu messen. Das ist wie der Vergleich von indischem Essen und Züri-Geschnetzeltes. Man muss immer aus dem Kontext sehen, wie das Produkt entstanden ist.
Zweitens thematisiert der Film etwas ganz wichtiges, in dem er zeigt, dass Grenzen und Herkunft keine Rolle spielen um eine Person lieben zu können. Im Film ist dies als Liebe zwischen Mann und Frau dargestellt, ich denke aber das ist im allgemeinen Kontext zu verstehen.
Ausserdem ist der Film schön gemacht und einfach nur mitreissend. Sicherlich hat ein Film wie Laagan zum Beispiel eine noch grössere Aussagekraft, ganz zu schweigen von Water. Anonsten ist es aber einer der gewagtesten Bollywood Filme die ich kenne.Mehr anzeigen


smilekathy

vor 18 Jahren

Ich würde sehr gerne den Text haben, den Sha Rukh im Gerichtssaal vorliest. Dieser Text hat mich sehr berührt und wenn jemand von euch den hat, bitte schreibt ihn hierrein.
Danke


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