13 Tzameti Frankreich, Georgia 2005 – 93min.

Filmkritik

Den Meistern nachgeeifert

Simon Spiegel
Filmkritik: Simon Spiegel

In der über 100jährigen Filmgeschichte wurde schon fast alles verfilmt, und manche Idee wurde bereits so perfekt umgesetzt, dass Wiederholungen unnötig sind. Niemand muss nach "Apocalypse Now" noch daran denken, Wagners "Ritt der Walküren" als Soundtrack zu verwenden, und dem klassischen Westernduell gibt es seit "Once Upon A Time in the West" ebenfalls nichts hinzuzufügen.

Ein anderer archetypischer Moment ist die Russisch-Roulette-Szene in Michael Ciminos Vietnamepos "The Deer Hunter". Intensiver als in der Szene, in der Robert De Niro und Christopher Walken in einem wahnwitzigen Spiel um ihr Leben kämpfen, kann Kino kaum werden. Gela Babluani hat "The Deer Hunter" zweifellos gesehen, leider hat ihn das nicht davon abgehalten, einen Film zu drehen, in dessen Zentrum die ausführliche Schilderung eines Russisch-Roulette-Turniers steht.

Einer der Kombattanten in diesem Turnier ist der junge Sébastien (George Babluani), dem es durch eine Verkettung von Zufällen gelungen ist, sich in das Spiel einzuschleichen. Was ihn in der abgelegenen Villa erwarten wird, weiss er im Voraus freilich nicht, und als er es erfährt, ist es zu spät. In dem tödlichen Wettkampf, den einige dekadente Geldsäcke zu ihrem persönlichen Nervenkitzel organisieren lassen, ist kein Kneifen möglich. Hier heisst es, seinen Mann stehen - bis zum bitteren Ende.

Dass Babluani Cimino zu übertreffen sucht und dabei scheitert - scheitern muss -, ist das Eine. Dass dieser Versuch unglaublich prätentiös geraten ist, das Andere. "13 Tzameti" besteht im Grunde nur aus dem tödlichen Wettkampf, ein darüber hinausführender Plot ist allenfalls andeutungsweise vorhanden. Letztlich geht es nur darum, in immer neuen Exekutionsvarianten die Adrenalinproduktion des Zuschauers anzukurbeln. Da das allein aber ein bisschen dürftig ist, überzieht Babluani seinen Film mit einem pseudo-existenzialistischen Grundton. Man spricht nicht viel, deutet dafür umso mehr an, und damit jeder merkt, dass Tiefsinn angesagt ist, ist der Film in Schwarzweiss gedreht.

"13 Tzameti" wirkt in vielem wie ein Film aus einer anderen Zeit, erinnert keineswegs zufällig an "Melville" und andere Meisterwerke des französischen Kinos, bleibt im Gegensatz dazu aber nur hohle Pose. Hinter der angestrengten künstlerischen Oberfläche verbirgt sich am Ende nur ein plump kalkulierter Reisser.

01.06.2021

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Kommentare

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olivhh

vor 15 Jahren

Spannung pur, tolle atmosphärische schwarz-weiß Aufnahmen, überzeugende Darsteller und intelligente Handlung. Ein Meisterwerk, großartiges Debüt!


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