Crash Test Dummies Österreich 2005 – 97min.

Filmkritik

Testpersonen in Bewegung

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wer möchte nicht einmal dem tristen Alltag im ehemaligen Ostblock entfliehen, nach Wien reisen und dabei auch noch Geld mit einem kinderleichten Auftrag verdienen? Was sich so gut anhört, hat natürlich einen Haken, liefert aber mehr als genug Stoff für Situationskomik, der man gern zusieht.

Nicolae hat das Leben in Rumänien satt. Da kommt ihm das Angebot, ein Auto von Wien nach Bukarest zu überführen, gerade recht. Seine Freundin Ana begleitet ihn, obwohl sie der Sache nicht recht traut. Wie recht sie damit hat, stellt sich in Wien heraus: Das verabredete Treffen mit dem Typen, der ihnen das Auto übergeben soll, klappt nicht, und sie hängen nun fast ohne Geld fest. Als sie erfahren, dass sie das Auto möglicherweise in einer Woche übernehmen können, beschliessen sie, solange in Wien zu bleiben, obwohl sie kein Wort Deutsch sprechen. Geldknappheit und Organisationsprobleme führen rasch zu Spannungen in ihrer ohnehin fragilen Beziehung, doch bald lernen sie einige etwa gleichaltrige Wiener Originale kennen, die ihnen aus nicht immer uneigennützigen Motiven weiterhelfen.

Da ist der unter anderem in Zürich aufgewachsene Regisseur Jörg Kalt mit seinem Spielfilmdebüt in seinem Element: Viele absurd-komische Situationen in einer losen Folge von Episoden mit immer neuen Konstellation von Personen und Beziehungen, die an ein Roadmovie denken lassen, sorgen für Vergnügen, auch wenn nicht immer alles logisch zusammenpasst. Die Figuren sind wunderbar skurril und absolut authentisch verkörpert wie beispielsweise die ca. 30jährige Martha. Sie verdient ihr Geld als Versuchsperson bei Aufprallexperimenten der Autoindustrie, wirft laufend Pillen ein (keine Vitaminpillen!) und legt ein unvergleichliches Phlegma an den Tag, das als psychische Gegenreaktion auf die arbeitsbedingte physische Beschleunigung interpretiert werden kann.

Zentrale Orte des Geschehens sind die Geschäfte um den Nebenbahnhof Wien Mitte, beliebige Tanz-Schuppen, ein Stadtpark, verschiedene Wohnungen und die Strasse. Keinen Blick haben Regie wie Figuren für die bekannten Wiener Sehenswürdigkeiten, denn Ana und Nicolae haben anderen Sorgen, und die Wiener kennen eh schon alles. Stattdessen schmunzelt man beim Blick auf Menschen, deren Privatleben ähnlich ungeplant verläuft wie momentan das Leben von Ana und Nicolae und die sich ebenso in einem Übergangsstadium befinden wie momentan Ana und Nicolae.

01.06.2021

4

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