Douches froides Frankreich 2005 – 102min.
Filmkritik
Kalt geduscht
Das Leben hält für den 17jährigen Mickael gleich mehrere kalte Duschen bereit: Seine Familie steckt in argen Geldnöten, die bevorstehende Maturitätsprüfungen bereitet ihm Kopfzerbrechen, ein wichtiger Judokampf steht an und schliesslich muss er auch noch seine Freundin mit einem Kameraden teilen. Den scheinbaren Ausweg aus seinen Problemen findet Mickael in der Askese.
In Mickaels (Johan Libéreau) Leben scheint alles in Ordnung zu sein: Er steht kurz vor seiner Maturitätsprüfung, ist ein erfolgreicher Judo-Kämpfer und hat eine hübsche Freundin. Doch nicht alles ist so toll, wie es zuerst scheint: Seine Familie ist so knapp bei Kasse, dass sie sich nicht mal mehr warmes (Dusch)Wasser leisten kann. Seine Armut wird ihm umso offensichtlicher, als er Trainingspartner des reichen Clément (Pierre Perrier) wird. Dann folgt Schlag auf Schlag: ein Mitglied des Judo-Teams wird verletzt, und Mickael muss innert kürzester Zeit sechs Kilo verlieren, damit er in der Gewichtsklasse seines ausgefallenen Kameraden antreten kann. Als eines Tages zum Judotraining mit Clément seine Freundin Vanessa (Salomé Stévenin) hinzu stösst, arten die Rangeleien auf dem Tatami kurzum in einen wilden, intensiven Dreier aus. Erst dauert es eine Weile, bis Mickael begreift, dass er sich soweit zu unterwerfen bereit ist, dass er sogar auf seine Freundin verzichtet. Weil er sich von ihr betrogen fühlt, zieht er schliesslich sogar in Gefühlsahngelegenheiten die Askese vor.
Dem Protagonisten seiner Geschichte mutet Regisseur Antony Cordier viel, beinahe zu viel zu. Doch nach seiner Aussage hatte er nicht einen authentischen Film über die Probleme eines Jugendlichen im Sinn, sondern eine Geschichte darüber, was es bedeutet arm zu sein. Dies machte eine Zuspitzung des Leides ins Extreme nötig: Mickael stammt aus einer Arbeiterfamilie; er ist sich gewohnt, dass er Opfer bringen und sich abrackern muss, um etwas zu erreichen. Cordier wollte in seinem Film ausloten, wohin es führt, wenn dieser Aufopferungswille bis hin in den Bereich der Gefühle fortgeführt wird.
Mit «Douches Froides» ist Antony Cordier ein bemerkenswertes Spielfilm-Debüt gelungen, das die Klischees, die sich bei diesem Stoff anböten, gekonnt umgeht. Doch nicht nur der Regie, auch der grossartigen Leistung seiner jugendlichen Hauptdarsteller verdankt der Film seine Wirkung. Zwar hat der Film die eine oder andere Länge, doch verleihen die Bilder von Kameramann Nicolas Gaurin dem Ganzen trotz des schweren Inhalts eine angenehme Leichtigkeit.
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