Alles ist erleuchtet USA 2005 – 106min.

Filmkritik

Vergangenheitsbewältigung

Filmkritik: Dominique Zahnd

Ober-Hobbit Elijah Wood kriegt wieder einen besonderen Ring in die Finger. Diesmal im skurrilen Roadtrip-Drama «Everything Is Illuminated» von Regie-Neuling Liev Schreiber.

Liev Schreiber ist ein hünenhafter Kerl, der oft zwiespältige Charaktere mit einem Hang zur Düsternis spielt. Der aktuelle Lebensabschnittgefährte von Naomi Watts fiel bisher unter anderem in «Scream» und «The Manchurian Candidate» auf. Für «Everything Is Illuminated» wechselte der Mime erstmals die Fronten, er stellte sich hinter die Kamera. Doch Obacht: Sein Drehbuch- und Regiedebut behandelt alles andere als einen leichten Stoff.

Der junge amerikanische Jude Jonathan (Elijah Wood) ist ein fast schon fanatischer Sammler von Erinnerungsstücken. In der Ukraine macht sich der New Yorker auf die Suche nach einer Frau namens Augustine, die seinem Grossvater während des Zweiten Weltkrieges das Leben gerettet haben soll. Jonathan will sie und Trachimbrod finden - der Ort, aus dem seine Familie stammt. Unterstützt wird der Amerikaner von einem blinden Fahrer und dessen Enkel, dem Dolmetscher Alex Junior (Eugene Hutz, Sänger der Punk-Band Gogol Bordello). Zusätzlich ergänzt wird das seltsame Trio durch den verrückten Hund Sammy Davis Junior Junior. Je länger die Odyssee im klapprigen Auto mitten durch die Pampa dauert, desto mehr tragische Ereignisse nehmen ihren Lauf.

«Everything Is Illuminated» basiert auf einem Roman von Jonathan Safran Foer. «Unverfilmbar» klebte lange als Etikette an der verschachtelten Story. Liev Schreiber liess sich davon nicht abhalten, strich radikal eine Erzählebene weg und bemühte sich um eine geradlinige Verfilmung des komplexen Stoffes.

Bis zur Hälfte kommt das Ganze als schräg-witziger Roadtrip daher, dann schlägt die Stimmung nach und nach um, alles wird dunkler, tragischer, beklemmender. Matthew Libatiques Kamera fängt schöne Landschaftsaufnahmen Tschechiens ein, die Szene mit dem Haus im Sonnenblumenfeld ist gar von erschlagender Schönheit. Äusserst merkwürdige Songs ukrainischer Künstler runden das Gesamtbild ab und untermalen die manchmal fast schon surreal anmutenden Einstellungen passend.

Wie alle Filme, die sich mit der Judenverfolgung auseinandersetzen, steckt auch «Everything Is Illuminated» voller Tragik und wartet mit beklemmenden Bildern auf. Da Liev Schreiber das heikle Thema mit viel Gespür für die feinen Zwischentöne angeht, berührt einen sein Regie-Debüt nachhaltig.

25.01.2021

4

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 18 Jahren

Ohne die Vergangenheit des Grossvaters, wäre die wichtigste und schönster Teil der Geschichte verloren. Ein schöner Film..... der uns über unsere eigene Vergangenheit und deren Zusammenhänge nachdenken lässt.


bengelchen

vor 18 Jahren

Melancholischer Film mit vielen schrägen Momenten (herrlich Alex der ukrainische Reiseführer), etwas Poesie und wunderschönen Bildern. Gegen Ende wirkte die Geschichte auf mich etwas zu konstruiert, trotzdem absolut sehenswert!


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