Horst Buchholz - Mein Papa Deutschland 2005 – 96min.
Filmkritik
Heiliges Monster und Berliner Legende
"Er sprach nicht gern über sich" sagt Christopher Buchholz über seinen Vater Horst Buchholz. Um ihn zum Reden zu bringen, stellt er eine Kamera zwischen sich und seinen Vater und lässt ihn in seiner besten Rolle sprechen: als Schauspieler. Zusammen mit Co-Regisseurin Sandra Hacker entsteht nach Horst Buchholz' überraschendem Tod im März 2003 ein persönliches und eindringliches Privatdokument. Eine kritische Liebeserklärung an die Berliner Legende.
Christopher Buchholz' Kunstgriff, über das Interview auf die Spuren des widersprüchlichen und widerspenstigen Wesens seines Vaters zu kommen, geht nur teilweise auf. Auf dem Sofa sitzt ein alternder, vom Alkohol sichtlich geprägter Mann, der des Lebens müde ist. "Wenn du die Welt liebst, wird sie dich lieben". Das Thomas Mann-Zitat aus "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" funktionierte einst als Lebensmotto: Ein Satz, der auch aus dem Mund des jungen unbändigen Betörers stammen könnte. Doch irgendwann hat Horst Buchholz das Interesse am Leben, das er früher so liebte, verloren. "Déjà vu", alles schon gesehen, sagt er und möchte jetzt doch lieber etwas Essen gehen. Das Schweigen, welches die Kamera tapfer aushält, sagt mehr über ihn als ihm lieb sein mochte. An seiner Stelle sprechen andere: Seine Frau Myriam Buchholz Bru, die Tochter Béatrice und der Sohn, Christopher Buchholz. Wo nicht gesprochen wird, übernehmen die Super-8-Aufnamen aus dem privaten Familienarchiv oder Filmausschnitte des umfangreichen Werks von Horst Buchholz die Dokumentation.
Er war ein "monstre sacré" sagt seine Frau und lächelt dieses vielsagende Lächeln französischer Contenance. Sie öffnet den Graben zwischen dem Charmeur, dem lachendem Mann von Welt, und dem verschlossenen, eigenwilligen und schwermütigen Kauz. Die Widersprüchlichkeit des heiligen Monsters begleitet seine Biografie: Horst Buchholz - eine Verwandlung vom Berliner Junge zum international angesehenen Schauspieler. Er hat mit Billy Wilder gedreht und Visconti die kalte Schulter gezeigt. Er war, neben Romy Schneider, der bedeutendste deutsche Schauspieler der Nachkriegszeit und strahlender Gewinner zahlreicher Publikumspreise. Der gefeierte Held stand sich aber oft selbst im Weg und traf die falschen Entscheidungen. "Er hat geglaubt, er wäre Gott", sagt Myriam Bru und dann war er so jung schon so erfolgreich, dass er nicht mehr wusste, was er damit anfangen sollte. Seine Untreue konnte sie ihm verzeihen, nicht aber, dass er so gedankenlos mit seinem Talent umgegangen ist.
Eigentlich sind in "Horst Buchholz - Mein Papa" zwei Filme enthalten: Der eine ein Versuch einer Annäherung des Sohnes an seinen Vater, eine Art therapeutischer Akt und kritische Liebeserklärung. Der andere, von Co-Regisseurin Sandra Hacker, eine einfühlsame Montage aus dem ausgelassenen Familienleben, festgehalten auf Super-8, Spielfilmausschnitten - zum Beispiel aus Roberto Benignis "La vita è bella" - und stillen, ausgehaltenen Momenten. Ein Privatdokument über die Familie Buchholz, die sich allmählich dem Dictum des verschlossenen Vaters widersetzt und zu reden beginnt.
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