Inside Deep Throat USA 2005 – 92min.

Filmkritik

Nackte Tatsachen

Filmkritik: Simon Kern

"Inside Deep Throat" entblösst die Hintergründe des bekanntesten Pornofilmes aller Zeiten - und dessen (tatsächliche!) gesellschaftspolitische Bedeutung. Dabei dringt der kurzweilige Dokumentarfilm weniger tief ein, als ihm sein Sujet vorgibt.

Ironie der Geschichte: Anlässlich von "Watergate" wurde Richard Nixon durch einen dazumal geheimen Informanten zu Fall gebracht, der ausgerechnet nach dem Pornofilm benannt war, weswegen der damalige US-Präsident seine Sittenwächter zu einer Grossoffensive ausgesandt hatte - "Deep Throat". Solcherlei Enthüllungen macht der Dokumentarfilm "Inside Deep Throat", der nicht nur Vorspiel und Akt des bekanntesten Pornostreifens überhaupt zeigt, sondern auch Einblicke in sein Nachspiel gewährt.

Mit 25'000 Dollar drehte der einstige Damenfriseur Gerard Damiano anno 1972 einen Sexstreifen mit der bemerkenswerten Geschichte einer Frau, die über die anatomische Besonderheit einer Klitoris im Rachen verfügt. Regisseur Damiano räumte freimütig ein, kein filmisches Weltwunder geschaffen zu haben. Doch trat der Streifen einen Siegeszug an, der nur zum Teil mit seiner sympathischen Mischung aus spinnertem Humor und deftiger Schweinerei zu erklären ist.

Vielmehr geriet "Deep Throat" zum Massenphänomen, machte die kaum bezahlten Darsteller Linda Lovelace und Harry Reems zu Stars und mauserte sich mit eingespielten 600 Millionen Dollar zum vermeintlich profitabelsten Film aller Zeiten. Diese Wertung ist indes mit Vorsicht zu geniessen, waren doch Produktion und Verleih von Pornografie damals in den Händen des organisierten Verbrechens, das mit fingierten Ticketverkäufen Geld zu waschen pflegte. Zum Politikum wurde "Deep Throat" jedoch nicht wegen dubioser Geschäftspraktiken, sondern weil der Film in 23 US-Bundesstaaten verboten wurde und eine eigentliche moralische Repression durch die Nixon-Regierung auslöste. Das Ticket fürs Pornokino wurde alsbald zum Symbol für Bürgerrechte.

Der Dokumentarfilm von Fenton Bailey und Randy Barbato bedient sich News- und Interview-Aufnahmen aus den Siebzigerjahren und heutigen Datums. Dabei kommen Betroffene ebenso zu Wort wie Randfiguren, wobei die Wortmeldungen der herrlich kauzigen Charaktere dem Film enormen Witz verleihen. Die flotte Gestaltung des Filmes ist zugleich aber auch seine Schwäche. Wie bei den ärgerlichen Pseudo-Dokus der Videoclipsender dauert kaum ein Statement länger als gerade mal einen Satz. Salopp ausgedrückt hätten sich die Filmemacher in Sachen Penetrationstiefe an ihrem unzensierten Ausschnitt aus "Deep Throat" ein Beispiel nehmen dürfen.

25.11.2020

3.5

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Tschugger - Der lätscht Fall

Landesverräter

Thelma