Jack and Rose USA 2005 – 112min.

Filmkritik

Abschied vom Paradies

Filmkritik: Irene Genhart

"Jack and Rose" von Rebecca Miller ist eine leise, bizarre aber gefühlsstarke Ballade über das langsame Sterben eines Alt-Hippies und das relativ späte, aber heftige Erwachsenwerden seiner Tochter.

"Vor langer, langer Zeit", ist man versucht einen Text über "Jack and Rose" beginnen zu lassen und liegt damit grundfalsch. Denn der neue Film der amerikanischen Independent-Filmemacherin Rebecca Miller spielt - anders als die an eine irische Schäferidylle erinnernden ersten Bilder vermuten lassen - 1986 auf einer kleinen Insel vor der amerikanischen Ostküste. Hier leben in einer ehemaligen Hippie-Kommune und in trauter Zweisamkeit der Umweltingenieur Jack und seine 16-jährige Tochter Rose. Es ist - ganz getäuscht hat der erste Eindruck nicht - ein archaisch anmutendes Leben, das die beiden - fern jeglicher Zivilisation - führen. Das Essen, das bei ihnen auf den Tisch kommt, stammt zum grössten Teil aus dem eigenen Garten und die wenige Elektrizität, die sie brauchen, erzeugen Jacks selber gebauten Windmühlen.

Doch es sind Bilder eines im Schwinden begriffenen Paradieses, die uns Arthur Millers Tochter in ihrem nach "Angela" und "Personal Velocity" dritten Spielfilm auftischt. Und die Geschichte, die sie uns erzählt, ist märchenhaft-mythisch und lässt sich - bis zu den darin auftauchenden Giftschlangen - deuten als Variation auf die uralte Geschichte von des Menschen Vertreibung aus dem Paradies. Diese beginnt mir einem lauten Knall: Eben noch friedlich nebeneinander auf dem Gras bewachsenen Dach liegend, schrecken Jack und Rose hoch. Binnen Sekunden hat Jack ein Gewehr in der Hand und verjagt die Bauarbeiter, die auf dem (noch) naturgeschützten Moor neben seinem Anliegen dabei sind, Häuser zu bauen.

Mehr zu schaffen als die über die Insel hereinfallenden Immobilienmakler macht Jack allerdings sein krankes Herz. Um Roses Zukunft zu sichern, holt er seine Geliebte Kathleen und deren zwei Söhne auf die Insel. Rose, die bisher kaum Kontakte zur "Aussenwelt" hatte - und dementsprechend naiv und kindlich wirkt - erlebt einen Schock. Rasend eifersüchtig wird sie, als sie Jack und Kathleen beim Sex beobachtet; gleichzeitig setzt sie alles daran, sich von einem von Kathleens Söhnen entjungfern zu lassen. Stimmungsvoll und atmosphärisch dicht erzählt "Jack and Rose" vom heftigen Zerbrechen einer allzu engen Vater-Tochter-Beziehung und dem Untergang der 68-Ideale in der konsumorientierten und schnelllebigen Zeit von heute.

Bisweilen etwas arg klischiert und phasenweise von einer nervigen Bedächtigkeit vermag der Film durch die glänzenden Leistungen der Hauptdarsteller Daniel Day-Levis, Camilla Belle und Catherine Keener dann doch zu überzeugen.

19.02.2021

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Hölde - Die stillen Helden vom Säntis

Tschugger - Der lätscht Fall

Sauvages - Tumult im Urwald