Opal Dream Australien, Grossbritannien 2005 – 85min.

Filmkritik

Berge versetzende Bruderliebe

Filmkritik: Irene Genhart

In «Opal Dream», der Verfilmung eines Romans von Ben Rice, lässt «The Full Monty»-Regisseur Peter Cattaneo im australischen Outback ein zwischenmenschliches Wunder geschehen.

Weit spannt sich der Himmel, hoch klettert das Thermometer, tief ducken sich die Häuser in den steinigen Boden des australischen Outbacks: Wen das Schicksal nach Coober Pedy verschlägt, der hat kaum mehr etwas zu verlieren. Vielleicht aber etwas zu gewinnen: Coober Pedy nämlich, wo der neue Film des Briten Peter Cattaneo spielt, ist ein Opal-Minen-Kaff. Zu den vom unverhofften Reichtum träumenden Habenichtsen, die sich hier finden, gehört auch die Familie Williamson: Der am «Opalfieber» leidende Vater Rex, die im Supermarkt den Familienunterhalt verdienende Mutter Anne, der 10-jährige Ashmol und seine jüngere Schwester Kelly-Anne.

Vor wenigen Jahren erst zugezogen leben die Williamsons eher schlecht, denn recht in die Gemeinschaft der Dörfler integriert am Rande des Kaffs. Das liegt zum einen in der Natur der Sache: Die Schürfer sind sich gegenseitig gemeinhin alles neidisch und zudem zeigen sind die Eingesessenen Zugezogenen gegenüber grundsätzlich misstrauisch. Es hat aber auch einen spezifischen Grund: Die neunjährige Kelly-Anne ist - obwohl sie bereits zur Schule geht - nie anzutreffen ohne die bloss in ihrer Phantasie existierenden Freunde Dingan und Pobby.

Rund um Kelly-Anne und ihre Freunde entwickelt sich nun die auf einem Roman von Ben Rice' beruhende Geschichte von «Opal Dream». Derweil wohl fast alle Eltern der Welt ein Mädchen wie die von Sapphire Boyce einfühlsam gespielte Kelly-Anne einem Psychiater vorführen würden, schauen Rex und Anne bloss geduldig zu. Mehr noch: Sie spielen Kelly-Annes Spiel mit. Bis Rex eines Tages eine vermeintlich geniale Idee kommt: Er nimmt Dingan und Pobby mit zur Arbeit und vergisst sie am Abend in der Mine. Der Schuss geht hinten hinaus: Kelly-Anne sorgt sich derart um die Verschollenen, dass Rex und Ashmol die Vermissten schliesslich spätnachts in den Minenfelder suchen gehen. Sie werden dabei allerdings beobachtet, des «Rattings» (Schürfens auf fremden Grunde) verzeigt und verhaftet...

«Opal Dream» erzählt mit tiefer Menschlichkeit zeugend eine Geschichte um das von den Träumen ihres stärksten und den Phantasien ihres schwächsten Mitgliedes bestimmten Schicksals einer Familie. Er erzählt aber auch die Geschichte eines 10-jährigen Buben, der um seiner Schwester zu helfen weit über sich hinauswächst und schliesslich einem ganzen Dorf Mores beibringt. Nicht nur lokal, sondern auch inhaltlich weit weg von seiner Erfolgskomödie «The Full Monty» scheint sich Cattaneo mit seinem neuen Film zu bewegen. Doch das täuscht. «Opal Dream» handelt genauso wie «The Full Monty» vom Leben der nicht auf Gold Gebeteten - und vom Mut jedes Einzelnen und dem Zusammenhalt einer Familie, der dieses erst lebenswert macht. Dass Cattaneo dabei etwas gar stark auf die Tränendrüsen drückt, sei ihm verziehen: Schliesslich führt er in «Opal Dream» auch eine der ergreifendsten Beerdigungen der ganzen Filmgeschichte vor. Und der 10-jährige Christian Byers, der Ashmol spielt, ist einer dieser ganz selten anzutreffenden, intensiv spielenden Kinderdarsteller, der das Zeug zum ganz grossen Schauspieler in sich trägt.

10.11.2020

4.5

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

apple01

vor 18 Jahren

Ein wunderbarer Film.


Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Hölde - Die stillen Helden vom Säntis

Tschugger - Der lätscht Fall

Sauvages - Tumult im Urwald