CH.FILM

Ricordare Anna Schweiz 2005 – 100min.

Filmkritik

Aufräumen mit der Vergangenheit

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Ein Film mit Tiefgang und hervorragender Schauspielbesetzung: Walo Deubers "Ricordare Anna - Anna erinnern" basiert auf einer wahren Geschichte und spielt mit phantastischen Elementen.

Wer hätte den Protagonisten besser verkörpern können als Mathias Gnädinger? Aus mehreren Filmen kennt man den Schauspieler in der Rolle des fluchenden Cholerikers, der sich als sensibler und einsichtiger Mensch entpuppt. So auch in diesem Film: Hier mimt er den starrköpfigen Viktor Looser, der sich auf die Reise in die Vergangenheit seiner Tochter Anna wagt: Vor mehr als zehn Jahren sind sie und ihre beiden Kinder an Aids gestorben. Viktor ist nach wie vor überzeugt, dass nur einer die Schuld trägt: sein Schwiegersohn Salvo (Pippo Pollina), ein sizilianischer Musiker, der einst drogensüchtig war.

Doch als dem einsamen und herzkranken Viktor eines Tages die verstorbene Anna erscheint und ihn mahnt, das Ganze zu reflektieren, begibt er sich nach Sizilien, um Salvo zu suchen und Annas Leben und Liebe kennen zu lernen. Nach und nach erfährt man Annas Geschichte: Sehr überzeugend verkörpert Bibiana Beglau die junge, kämpferische Frau, die inmitten der 80er-Unruhen ihr Studium abschliesst und Hals über Kopf nach Sizilien reist, um dort für eine revolutionäre Schule zu arbeiten. Zwar praktiziert sie freie Liebe, Salvo aber, dem sie dort begegnet, wird ihr Mann fürs Leben: Zusammen mit ihm gründet sie in Zürich eine Familie. Die Diagnose der HIV-Erkrankung bricht jäh in ihr Glück ein.

Gegenüber diesem Realismus grenzt Viktors Aufenthalt in Sizilien immer wieder ans Wunderbare. Nicht nur, dass der Schauplatz, die Trümmer des vom Erdbeben zerstörten Gibellina, einer Traumlandschaft gleicht und die tote Anna ihrem Vater immer wieder erscheint. Auch sonst vieles verschliesst sich der Logik. Als Schlüsselfigur und Schutzengel erweist sich etwa Giuseppina, ein geheimnisvolles, in leuchtende Farben gekleidetes Mädchen, das wiederholt wie aus dem Nichts auftaucht und Viktor den richtigen Weg weist.

Durch das Spiel mit phantastischen Elementen büsst der Film seine Glaubwürdigkeit keineswegs ein. Im Gegenteil: Sie machen bewusst, wie Viktor sich aus seiner festgefahrenen Haltung löst und Einblick bekommt in die einzigartige Verknüpfung zweier Leben. Nach und nach vermag er sich von Gedanken um Schuld und Tod zu lösen und erkennt, dass Salvo und Anna der tragischen Tatsache auf die einzig richtige Weise begegnet sind: mit der Liebe.

Bald zeigt sich auch, dass die Figuren alle irgendwie miteinander verbunden sind - sogar der Professor, Annas ehemaliger Arbeitgeber, fügt sich in dieses Netz ein. Dieser Eindruck von einer unglaublich kleinen Welt wird hier etwas sehr auf die Spitze getrieben. Und dass Viktor nach dem versöhnlichen Happyend auch noch seine Liebe zu finden scheint, ist dann fast des Guten zuviel. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Walo Deuber einen gehaltvollen und ergreifenden Film verwirklicht hat, der bis in die Nebenrollen erstklassig besetzt ist.

16.02.2024

4

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

satan74

vor 13 Jahren

Wenn man Filme gerne mit dem Herzen beurteilt, dann ist dieser Film absolut Top! Leute die diesen Film nicht verstehen können oder wollen, tun mir leid.


dabl

vor 19 Jahren

liebe leute,
diesen film kann man sich schenken. er reproduziert sämtliche klischees. ich habe ihn in solothurn gesehen. er war das ausharren auf den unbequemen stühlen NIE wert!


Gelöschter Nutzer

vor 19 Jahren

gusäili


Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Tschugger - Der lätscht Fall

Hölde - Die stillen Helden vom Säntis

Landesverräter