Sketches of Frank Gehry Deutschland, USA 2005 – 83min.

Filmkritik

Gebaute Gefühle

Filmkritik: Eduard Ulrich

Architektur ist kein populäres Sachgebiet: obwohl wir in ihren Erzeugnissen leben und ihr tagtäglich begegnen, kennen die wenigsten die Namen dieser Schöpfer an der Grenze von Kunst und Technik. Altmeister Sydney Pollack gibt einem unter ihnen, seinem Freund, dem Stararchitekten Frank Gehry, einen Namen und ein Gesicht.

Eigentlich ist ein Film bestens geeignet, um die Werke eines Architekten vorteilhaft in Szene zu setzen. Und so konnte sich der seit langem in den USA wohnende Frank Gehry die Angebote von Filmemachern aussuchen, die gerne einen Film über ihn gedreht hätten. Schließlich fragte er seinen langjährigen Freund Sydney Pollack, und der reagierte mit zwei Warnungen: Erstens kenne er sich nicht mit Architektur aus und zweitens habe er noch keinen Dokumentarfilm gedreht. Wahrscheinlich hat er auch noch keinen gesehen, möchte man sarkastisch ergänzen, nachdem man Pollack auf dem dünnen Eis dieses radikal modernisierten Genres hat einbrechen sehen.

Zugegeben: Denken ist keine besonders fotogene Aktivität, aber Gehry meinte optimistisch, dass diese beiden Negativvoraussetzungen ideal seien. Pollack konnte sich dann offenbar nicht entscheiden, ob er einen Film über die Person, über das Werk oder ein Making-Of drehen sollte. Immer wieder kommt er selbst ins Bild (und in den Ton), wackelt mit der Handkamera, bespricht sich mit seinem Freund und begleitet ihn an die Schauplätze von dessen Jugend und dessen beruflicher Erfolge, ohne dass klar wird, warum das nötig ist.

Die Bilder der Gebäude sind oft nur kurz zu sehen und erfüllen eher eine filmisch-ästhetische denn eine sachlich-vermittelnde Funktion. Viele Freunde Gehrys dürfen umfassendes Lob äussern, der einzige Kritiker wird dagegen in seiner Nervosität inszenatorisch desavouiert. Dabei gäbe es genug substantielle Kritik an den äusserlich spektakulären Bauten, die ihre Umgebung zwar dominieren, aber oft den funktionalen Zusammenhang mit ihrem Inneren vermissen lassen. Es scheint, dass hier zwei echte Chancen vertan wurden: Eine kritische Auseinandersetzung hätte dem Lob, eine ideenreiche Regie den Werken mehr Gewicht verliehen.

Das Privatleben ist praktisch ausgeblendet, obwohl es massive Probleme gegeben haben muss, wie man aus den spärlichen Informationen erschließen kann, die anscheinend unvermeidlich herausgerückt werden mussten. Trotzdem gibt es auch Vergnügliches: die unfreiwillige Komik etwa, wenn jemand Pollack eine architektonische Wirkung mit einem Vergleich auf dem Gebiet des Films verdeutlichen will und dabei ausgerechnet "Apocalypse Now" heranzieht; oder die abstrus-komische Vorstellung von Künstlern, die sich - im Gegensatz zu Architekten - nicht an Traditionen gebunden fühlten und in völliger Freiheit machen könnten, was sie wollten. Wenn man solch seltsame Dinge zu hören bekommt, wird auch der architektonische Laie misstrauisch.

23.03.2021

2.5

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