Das Mädchen aus dem Wasser USA 2006 – 110min.

Filmkritik

Die Geschichte von Story

Björn Schäffner
Filmkritik: Björn Schäffner

Hokuspokus oder cineastische Erleuchtung? Regisseur M. Night Shyamalan ("The Sixth Sense") erzählt ein postmodernes Undinenmärchen für die Leinwand. Mit von der mystischen Partie sind Bryce Dallas Howard und Paul Giamatti.

Steven Spielberg ist sein erklärtes Vorbild. Aber noch nie hat M. Night Shyamalan dem Obermagier von Hollywood so augenfällig Tribut gezollt: Ganz "E.T" bricht "The Lady in the Water" eine Lanze für kindlichen Weltverbesserungsdrang und generell mehr Sinn für Übernatürliches. Shyamalans Elliott hat zwar etliche Jährchen mehr auf dem Buckel und ziemlich viel Fett zwischen den Rippen, das schmälert die Botschaft im Kern aber kein bisschen. Paul Giamatti spielt einen desillusionierten Hauswart, der in einem Apartment-Komplex in Philadelphia seine Arbeit verrichtet. Cleveland Heep macht Kakerlaken den Garaus, flickt defekte Wasserhähnen oder sammelt verloren gegangene Schlüssel beim Pool ein. Bis er eines Tages eine Nymphe (Bryce Dallas Howard) im selbigen entdeckt. Die hier übrigens Narfen heissen und die es vor bösen Biestern zu retten gilt.

Shyamalan setzt mit "The Lady in the Water" seine Tradition von magisch angehauchten Filmen fort. Den Grundstein dazu legte der Drehbuchschreiber von "Stuart Little" vor sieben Jahren mit dem Geisterfilm "The Sixth Sense". Ein Grosserfolg, den er nie mehr wiederholen konnte: Weder mit der Superhelden-Geschichte "Unbreakable", dem UFO-Streifen "Signs" noch dem Quaker-Märchen "The Village". Die Filme machten zwar leidlich Kasse, aber nimmer war ihm das Feuilleton so hold wie bei "The Sixth Sense". Miserabel waren die Kritiken zu "The Village" und bei "Lady in the Water" sogar katastrophal.

Ob es daran liegt, dass Shyamalan seinem neusten Film eine Kritiker-Karikatur einverleibt hat? Wohl mit ein Grund, denn die ziemlich eindimensionale Figur des verknöcherten Filmreviewers Mr. Farber (Bob Balaban) dürfte bei der US-Kritik nicht auf viel Verständnis gestossen sein. Man könnte auch von einer etwas kindischen Reaktion des Regisseurs auf die schlechte Presse zu "The Village" sprechen. Böse Zungen würden jetzt natürlich sagen, Kritiker könnten keine Gegenkritik vertragen.

Einen etwas eitlen Eindruck hinterlässt auch der Umstand, dass sich Shyamalan selbst zum Helden stilisiert: Er spielt im Film einen Schriftsteller, dem die von Bryce Dallas Howard gespielte Narfe Story eine buchstäblich visionäre Zukunft voraussagt. Plump geraten ist so einiges an diesem Film, so auch die quasi-mythologische Weltordnung, die von kuriosen Wesen wie den Narfen, Tartutics, Scrunts und so weiter aufrecht gehalten wird.

Aber eins muss man Shyamalan lassen: Er weiss, wie man Spannung erzeugt. Und wenn die Kamera von Christopher Doyle ("2046") vom Pool der kommerzgesättigten Jetztwelt die Grenze ins mythische Gräserreich überschreitet, dann kommt schon Atmosphäre auf. Bezirzen lassen kann man sich auch problemlos von der Narfe namens Story: Bryce Dallas Howard sieht einfach schön aus in ihrem Undinenkostüm.

25.01.2021

3

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Saints

vor 3 Jahren

Wunderschöner Film mit einem grandiosen Giamatti und Bryce Dallas Howard! Ein muss für M.N.S. Fans!

9/10 Kritiker


bedita

vor 17 Jahren

Meine Theorie: Der Regiesseur hat absichtlich einen schlechten Film gedreht (in dem er das Drehbuch einer Parodie kurzerhand ohne Ironie verfilmt hat) um seinen eigenen Auftritt als Schauspieler qualitativ deutlicher abzuheben. Anders kann ich mir den Abstieg von "Ich sehe tote Menschen" zu "Ich habe die Zeichen auf der Cornflakes-Schachtel falsch gelesen" nicht erklaeren.Mehr anzeigen


sudaan

vor 17 Jahren

Die Geschichte ist für mich sehr eindeutig. Wenn man das "Märchen" analogisch zu dem System eines Menschen betrachtet, bekommt der Film einen ganz anderen Tiefgang. Sehr süß verpackt in eine etwas märchenhafte Erzählung. Aber wer sich mit Bewusstsein beschäftigt, der könnte den tieferen Sinn dahinter verstehen.

Alles LiebeMehr anzeigen


Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Hölde - Die stillen Helden vom Säntis

Tschugger - Der lätscht Fall

Sauvages - Tumult im Urwald