Schräger als Fiktion USA 2006 – 113min.
Filmkritik
Das Buch zum Film
Manchmal stehen sich Leben und Kunst eben doch näher, als man denkt: In Marc Forsters neuem Film wird Will Ferrell zur Romanfigur.
Harold Crick (Will Ferrell) ist ein Steuerbeamter, wie er im Buch steht: Zuverlässig, temperamentlos, pedantisch. Seine Junggesellenwohnung hat den Charme eines Wartezimmers, und wenn er die Zähne putzt, zählt er genau die Bürstenstriche (dem Zuschauer werden die Zahlen mit lästigen grafischen Spielereien eingeblendet). An Harold Crick ist nichts Aussergewöhnliches - bis eines Tages eine Frauenstimme in seinem Kopf erklingt, die genau das feststellt und detailliert erzählt, wie Crick sich die Zähne putzt. Und nicht nur das: Bald schildert die Stimme Harolds Gedanken, Gefühle und Wünsche; viel artikulierter als es der wortkarge Mann selbst könnte.
Harold Crick ist ein Steuerbeamter, wie er im Buch steht. Das Buch heisst "Death and Taxes" und wird von der einst gefeierten, nun in Vergessenheit geratenen Autorin Karen Eiffel geschrieben (konsequent ohne Make-Up: Emma Thompson). Eiffel weiss weder, dass ihr Romanheld im wirklichen Leben existiert, noch dass er ihre Erzählung hören kann. Crick seinerseits hat keine Ahnung, wem die Stimme in seinem Kopf gehört. Aber spätestens als sie ankündigt, der Tod des Steuerbeamten stehe unmittelbar bevor, muss er handeln.
Ein so surrealer und selbstreferenzieller Plot lässt an Charlie Kaufman denken, der im Drehbuch zu "Adaptation" ebenfalls das Schreiben und seine Verfilmung thematisierte. Die neurotische Verzweiflung von Kaufmans Geschichten sucht man bei Marc Forster und seinem Autoren Zach Helm aber vergebens. Man könnte sich "Stranger than Fiction" auch von Nora Ephron vorstellen, mit Tom Hanks in der Hauptrolle, so zahm und sentimental kommt der Film daher. Was der Story dann doch Format gibt, sind die Schauspieler: Dustin Hoffman spielt als Literaturprofessor noch einmal seine Rolle des existentialistischen Detektivs aus "I (Heart) Huckabees", Maggie Gyllenhaal ist bezaubernd als tätowierte Bäckerin und Emma Thompson sowieso ein sicherer Wert.
Ein anderer Film kommt in den Sinn: "The Truman Show", in dem Jim Carrey herausfinden musste, dass sein Leben gleichfalls Teil einer grösseren Erzählung ist. Tatsächlich könnte "Stranger than Fiction" für Will Ferrell dasselbe bedeuten wie besagter Film für Carrey: Den Schritt vom gefeierten Comedy-Star zum "seriösen" Schauspieler. Den Steuerbeamten jedenfalls spielt Ferrell sehr einfühlsam, und wenn er mit zugekniffenen Augen und brüchiger Stimme ausgerechnet "Whole Wide World" von Wreckless Eric als Liebeslied auf der Gitarre spielt, möchte man sich die Szene gerne ausschneiden und ins Poesiealbum kleben.
Aber kein Fan muss fürchten, den grossen Mann bald an ein grösseres Publikum zu verlieren: Im nächsten Film spielt Ferrell einen in Ungnade gefallenen Eisschnellläufer, der dank einer Regelunklarheit im Team mit seinem ehemaligen Rivalen ("Napoleon Dynamites" Jon Heder) wieder an der Olympiade teilnimmt. "Blades of Glory" ist selbstverständlich eine Komödie und soll 2007 in die Kinos kommen.
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