The Host Korea, Republik (Süd) 2006 – 119min.

Filmkritik

Monsterfilm der Godzilla-Klasse

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

«The Host» ist der Versuch des südkoreanischen Regisseurs Joon-Ho Bong , in einem Blockbuster völlig Verschiedenes unter einen Hut zu bringen. Herausgekommen ist ein Monster-Action-Öko-Polit-Comedy-Schocker, kurz ein Meisterwerk, das das Zeug zum Klassiker hat.

Schon im Prolog verbindet Joon-Ho Bong gekonnt Fiktives mit Realem. Gezeigt wird, wie ein koreanischer Handlanger auf Geheiss des US-Militärs massenweise hochgiftige Chemikalien in den Han-Fluss bei Seoul leitet. Geschehen ist diese Sauerei tatsächlich. Bong nahm die Affäre zum Anlass, diese Story mit einem «Was wäre geschehen, wenn?» zu ergänzen. Was wäre geschehen, wenn das Gift für Mutationen gesorgt und ein alienartiges, äusserst feindseliges Monster hervorgebracht hätte, das in Südkoreas Hauptstadt Seoul am helllichten Tag über Sportfischer, Picknick-Gesellschaften, Bürolisten, Touristen und Snack-Budenbesitzer herfällt? Auf dieser Ebene hält «The Host» denn auch das genreübliche Chaos bereit. Das grossartig gestaltete Monster bewegt sich zu Wasser, zu Land und sogar in der Luft so elegant wie weiland H.R. Gigers Alien an Bord der «Nostromo». Allerdings hält sich die Kreuzung aus Müllsack, Aal und einem Jurassic-Park-Velociraptor nicht an Astronauten gütlich, sondern veranstaltet ein regelrechtes Massaker unter den Normalbürgern Seouls. Ohne Vorankündigung taucht das Mutanten-Vieh auf und schnappt sich während der ersten Attacke mehrere Häppchen aus der Masse erholungssuchender Arbeitsbienen.

Dabei greift sich das Biest auch die 11-jährige Park Hyun-seo (Ah-sung Ko). Sie wird nicht gleich gefressen, sondern wandert als Snack in eine unterirdische Vorratskammer bei einer der grossen Brücken über den Han-Fluss. Die kleine Hyun-seo bildet den Link zur Hauptgeschichte, die sich um ihre verkrachte Familie dreht, welche am Fluss eine ziemlich heruntergekommene Imbissbude unterhält. Patriarch Park Hie-bong (Hie-bong Byeon) ist entsetzt über den Verlust seiner Enkelin. Als sich die Kleine via Mobile aus ihrem Verliess meldet, schöpft der Grossvater wieder Hoffnung und bildet einen Rettungstrupp. Das Team setzt sich zusammen aus Hyun-seos faulem Vater Gang-Du (Kang-ho Song), ihrem nicht besonders hellen Onkel Nam-il (Hae-il Park) sowie ihrer Tante Nam-Joo (Du-na Bae), auf der als Weltklassen-Bogenschützin die Hoffnung der Familie ruht. Dem Trupp erwächst in der Folge neben dem Monster auch ein weiterer mächtiger Feind. Angetrieben durch ihre US-Schutzherren, interniert das südkoreanische Militär all jene Personen, die mit dem Angreifer aus dem Fluss in Berührung gekommen sind. Offizielle Begründung: Die Verbreitung eines Killervirus, dessen Träger angeblich das Flussmonster ist, soll eingedämmt werden. Inoffiziell aber kochen die Militärs ein ganz eigenes Süppchen, das neben Experimenten an lebenden Objekten auch den Test neuer Kampfstoffe und die Ausschaltung politischer Gegner umfasst.

Bongs Anleihen beim grossen japanischen Monsterklassiker "Godzilla" sind unverkennbar. Gleichzeitig hat der Südkoreaner mit seinem «Host» eine so unverwechselbar eigene Kreatur geschaffen, dass man geneigt ist, von der Geburt eines neuen Kults zu sprechen. Wer «The Host» uneingeschränkt geniessen will, muss daher keinesfalls Spezialist für innerkoreanische Irrungen und Wirrungen sein. Mühelos erschliesst sich das Drama auch westlichen Zuschauern, ist doch eines klar: Die realen politisch-ökologisch-gesellschaftlichen Probleme, auf die «The Host» in vielfältiger Weise rekurriert, sind keine lokalen, sondern globale Probleme. Gleichzeitig ist «The Host» eine so unverschämt unterhaltende Mixtur, dass einem das Wort «Problemfilm» nie in den Sinn kommen würde. Wie Steven Spielberg zu seinen besten Zeiten verbindet Bong mit einem untrüglichen Gefühl für Spannung souverän sehr intime Momente mit atemloser Spannung und Komik.

31.05.2021

5

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Kommentare

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hi5

vor 16 Jahren

Der Film ist keineswegs eîn Horror-Film, der Spannung bietet. Vielmehr soll die Geschichte der Familie amüsieren und gesellschaftskritsche oder -parodierende Elemente enthalten. Dies gelingt durch mässige Schauspieler und nach meiner Meinung einfach nur schlechtem Humor, der dem Film die gute Note geben soll, überhaupt nicht. Der Humor erinnert mich stark an Kung Fu Filme in denen duselige Gestalten probieren lustig zu sein. Dafür bieten diese Filme meist Kampfkünste, die zu bestaunen sind. In "the host" kommt die Aufwertung nur durch ein gut animiertes Monster und starke bildliche Umsetzung zustande.
Ich habe die DVD auf Grund der guten Cover-Kritik gekauft, ärgere mich jedoch jetzt über den Reinfall.Mehr anzeigen


noslon

vor 16 Jahren

... what'n dat? ja, i kann mich erinnern, an filme die so schlecht sind, dass man sich darüber nur amüsieren kann. bei "the host"? - pech gehabt. eine katastrophe der filmindustrie! also bitte, lasst die finger davon. wer's trotzdem nicht lassen kann: achtet darauf, genügend bier vor die glotze zu nehmen. "werde die dummheit mit euch sein... " PROST!!!Mehr anzeigen


raffi44

vor 16 Jahren

ich fand den Film genügend.


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