Rettet Trigger! Norwegen 2006 – 87min.

Filmkritik

Galoppierende Mädchen-Fantasie

Filmkritik: Cindy Hertach

Ein schüchternes Kind kämpft um das Leben eines Pferds, das geschlachtet werden soll. Was nach klischeehafter Pferdemädchen-Erzählung klingt, entpuppt sich als einfühlsamer Familienfilm, der die Wünsche und Probleme seiner jungen Protagonistin ernst nimmt und auch die Auseinandersetzung mit Tod und Verlust nicht scheut.

Die elfjährige Alise (Ann-Kristin Sømme) lebt mit ihrer Familie in einer norwegischen Plattenbau-Siedlung und wünscht sich nichts sehnlicher, als reiten zu können. Doch das unsichere und etwas pummelige Mädchen hat panische Angst vor Pferden. Ihren Schulkameraden gibt Alise an, auf dem Bauernhof ihres Grossvaters Lasse (Sven Wollter) ein eigenes Pferd zu besitzen. Ihr eigenbrötlerischer Opa hält aber schon seit Jahren keine Tiere mehr und hat gerade seinen Hof aufgegeben, um ins städtische Altersheim zu ziehen.

Als eines Tages ein verletzter Schimmel im nahe gelegenen Wald auftaucht, bricht Alises Lügengebäude zusammen. Es gelingt ihr nicht, ihre Angst zu überwinden und sich vor den Augen ihrer Freunde dem verstörten Hengst zu nähern. Bald stellt sich heraus, dass der Besitzer (Thor Michael Aamodt) sein ehemaliges Springpferd nicht nur gequält, sondern auch für geisteskrank erklärt hat, um nach dessen Ableben eine hohe Versicherungssumme zu kassieren. Mit Hilfe ihres Grossvaters und ihrer besten Freundin versucht Alise das Pferd vor seinem drohenden Tod im Schlachthof zu retten.

Der ehemalige Werbefilmer Gunnar Vikene verortet seine kindgerecht inszenierte Erzählung in der unspektakulären Realität eines normalen elfjährigen Mädchens, das mit alterstypischen Problemen zu kämpfen hat. Alise entspricht nicht unbedingt dem gängigen Schönheitsideal eines Teenie-Magazins, sieht verunsichert der sich anbahnenden Pubertät entgegen und versucht ihre vermeintlichen Defizite mit kleinen Lügenmärchen zu kompensieren. Eher Anti-Heldin, funktioniert sie dennoch als sympathische Identifikationsfigur - spätestens dann, wenn sie im Kampf gegen das Böse ungeahnten Mut entwickelt.

Darüber hinaus versäumt es Vikene auch nicht, der betonten Realitätsnähe der Story eine dezent märchenhafte Pferderomantik entgegenzusetzen, die wohl jedes pferdevernarrte Mädchenherz höher schlagen lässt. Auch hier weiss der Filmemacher Klischees elegant zu vermeiden, indem er auf abgegriffene Bilder von Tier und Reiterin, die über sonnendurchflutete Heiden galoppieren, verzichtet und die Schönheit des Pferdes vor allem in den Träumen von Alise zeigt. Wenn darin der strahlend weisse Schimmel mit wehender Mähne durch den nächtlichen Wald jagt, ist sprichwörtlich ein Mädchentraum wahr geworden.

12.12.2008

4

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