Mr. Shi und der Gesang der Zikaden USA 2007 – 83min.

Filmkritik

Verstehen lernen

Filmkritik: Andrea Bruggmann

Zwei Filme, ein Thema: In "A Thousand Years of Good Prayers" und "The Princess of Nebraska" beleuchtet Wayne Wang die Unterschiede zwischen der alten, chinesischen Tradition und der neuen, westlich geprägten Lebensweise von in die USA ausgewanderten Chinesen. Im ersten der beiden Filme steht die Auseinandersetzung eines Vaters mit seiner Tochter im Zentrum.

Miteinander zu kommunizieren fällt Mr. Shi (Henry O) und seiner Tochter Ylan (Faye Yu) nicht leicht - obwohl sie dieselbe Sprache sprechen. Nach Jahren der Trennung reist der verwitwete Rentner aus seiner chinesischen Heimat nach Amerika. Er ist überzeugt, seiner Tochter Ylan nach deren Scheidung beistehen zu müssen. Schon bei der Ankunft am Flughafen prallen die beiden verschiedenen Welten aufeinander: Mr. Shi trauert dem kommunistischen China nach und hält sich an alten Traditionen und Werten fest - Ylan lebt seit Jahren im Nordwesten der USA, spricht längst fliessend Englisch und hat sich ganz dem modernen, amerikanischen Leben angepasst.

Mr. Shi bekocht seine Tochter allabendlich, versucht immer wieder, mehr über die Trennung oder neue Männer in Ylans Leben zu erfahren, hat gut gemeinte Ratschläge, aber auch Vorwürfe parat, was statt der ersehnten Annäherung eine noch grössere Distanz zur Tochter schafft. Ylan reagiert wortkarg und verschlossen und entzieht sich mehr und mehr dem Gespräch mit dem Vater. Ganz anders verläuft Mr. Shis Kommunikation mit einer aus dem Iran geflüchteten älteren Dame, "Madam" (Vida Ghahremani), wie er sie nennt, die er im Park kennen lernt. Beide sprechen kaum Englisch, drücken sich mangels fehlenden Vokabulars oft in Mandarin bzw. Farsi aus und finden trotzdem eine gemeinsame Sprache. Mr. Shi und Madam entdecken eine Verbundenheit und verstehen sich auch trotz der grossen verbalen Lücken. Was dem Vater mit seiner Tochter nicht gelingt, schafft er im Gespräch mit "Madam" scheinbar problemlos: die Sprachlosigkeit zu überwinden, den anderen zu verstehen - trotz weniger Worte.

Mit "A Thousand Years of Good Prayers" ist Wayne Wang ein ruhiger und feinfühliger Film über mögliche und unmögliche Kommunikation gelungen. Zwar bleibt die Tochter bis gegen Ende des Films eher farblos, umso mehr wird die Handlung vom Hauptdarsteller getragen. Obwohl Wang keine geschlossene Geschichte präsentiert, und Entfremdung, Distanz und Schweigen zwischen Vater und Tochter bisweilen etwas überdeutlich inszeniert werden, ist die schlichte und unprätentiöse Erzählweise erfrischend. Die melancholische Tragikomödie bildet mit "Princess of Nebraska" - auch dieser Film thematisiert die Kulturunterschiede zwischen alter chinesischer Tradition und modernem westlichen Leben - ein Ensemble.

07.08.2008

4

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vor 14 Jahren

Regisseur Wayne Wang hat sich immer schon für das Leben der Chinesen in Amerika interessiert. Ein Vater, der in Peking lebt, besucht hier seine Tochter, in den USA. Er behandelt die inzwischen erwachsene Frau immer noch so als sei sie ein Kind. In langen Gesprächen, die immer wieder neue Aspekte aus ihrem gemeinsamen Leben enthüllen, nehmen sie uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Dabei werden moralische Unterschiede zwischen den Generationen deutlich, die teilweise kulturell begründet sind. Auf die gegenseitige Frage nach dem ’warum’ enthüllen Vater und Tochter manch persönliches Geheimnis. Auch die Muttersprache spielt eine wichtige Rolle in der Ausdrucksweise im Gegensatz zur benutzten Fremdsprache. Die Essenz der Dialoge gipfelt in der Feststellung, dass wenn eine Frau einen Mann heiraten will, sollten sie ’tausend Jahre gute Gebete’ gesprochen haben, so der Originaltitel. Ein leiser Film, der für beide Generationen Verständnis zeigt.Mehr anzeigen


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