Königreich Arktis USA 2007 – 85min.
Filmkritik
Wenn das Eis unterm Hintern weg schmilzt
Die Arktis ist bedroht, sie schmilzt. In einer Langzeitstudie haben Adam Revetch und seine Gattin Sarah Robertson Eisbären und Walrosse begleitet. Kinderstimmen erzählen die Geschichte des Eisbärenjungen Nanu und des Walrossjungen Seela, wie sie an der Seite der Mutter aufwachsen und ums Überleben kämpfen. Ihre Welt droht unterzugehen.
Sie krabbeln aus dem ewigen Eis, das längst nicht mehr so ewig scheint. Nanu und sein Schwesterchen erblicken das Licht der Eiswelt. Die Eisbärmutter bringt sie auf Trab, behütet sie, ernährt sie, lehrt sie. Irgendwo im arktischen Meer wird Seela geboren, ein Walrossjunge. Liebevoll liebkost und umhegt die Mutter ihr Junges, eine starke Tante zur Seite, die notfalls ihre Stosszähne und ihr Gewicht einsetzt, um Feinde abzuwehren. Das soll sie später mit dem Leben bezahlen.
Kinderstimmen erzählen vom eisigen Leben der jungen Wilden im kleinen Familienverbund der Eisbären und im Herdenverband der Walrosse. Es gibt dramatische Momente, als Nanus Schwesterchen an Erschöpfung stirbt, als ein Eisbär (ist es etwa Nanu?) aus schierer Hungersnot Jagd auf Walrosse macht, ihnen über unzählige Kilometer im Meer folgt und bei seinem Angriff von den mächtigen massigen Tieren abgewehrt wird. Dann schlägt Meister Petz im weissen Gewand zu. Der König der Arktis zählt zu den mächtigsten Raubtieren der Erde. Diese Giganten im Eis haben auch eine zärtliche Seite, sie sind liebevoll zu ihren Jungen, spielen und tollen mit ihnen. Nicht anders die schwerfälligen Walrosse, die im und unterm Wasser zu eleganten, grazilen Schwimmern werden. Sie entwickeln Charme und Zärtlichkeit.
Auch davon erzählt der Naturfilm der filmenden Arktisfreunde und -experten. Der Taucher, Meeresforscher und Kameramann Adam Ravetch und seine Gefährtin, Kamerafrau und Regisseurin Sarah Robertson, haben mit unglaublicher Hartnäckigkeit 15 Jahre an ihrem Film gearbeitet. Die Geschichte hinter der Geschichte, eben das Abenteuer der Dreharbeiten mit intensiven Tierbeobachtungen, mit Begegnungen mit den "Helden" auf dem Eis, im und unter Wasser oder mit Konfrontation der Naturgewalten ist sicherlich ebenso spannend und mitreissend wie der Film. Das muss man sich mal vor Augen führen: Ravetch tauchte etwa im Frühling in eiskaltes Wasser (minus 1,6 Grad) bei einer Oberflächentemperatur weit unter null Grad. Das erträgt ein Mensch selbst im dicksten Schutzanzug nur 30 bis 40 Minuten.
Klar sind hier die Aufnahmen mit verschiedenen Tieren in verschiedenen Arktisgegenden zu verschiedenen Zeiten zusammengeschnitten. Aber die Geschichte wirkt sehr glaubhaft und basiert auf Realitäten. Auch wenn es in Szenen um Leben und Tod geht, so ist "Königreich Arktis" auch Kindern zuzumuten. Der Film stimmt ein Liebeslied der Erde an und hält uns einen Zukunftsspiegel vor die Augen: Die Arktis stirbt, wenn es so weitergeht. Das Naturdokument vermittelt sanft, aber bestimmt die Erkenntnis, dass infolge der Klimaerwärmung das gesamte arktische Ökosystem zusammenzubrechen droht. Und das hat existentielle Auswirkungen auf Wale, Pinguine, Eisbären, Walrosse und andere Geschöpfe des Nordpols.
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