Breath Korea, Republik (Süd) 2007 – 85min.

Filmkritik

Hals-Harakiri und Karaoke

Filmkritik: Eduard Ulrich

Eine Liebesaffäre mit einem zum Tode Verurteilten unter den Augen von Überwachungskameras: Ki-duk Kim mutet seinem Publikum einiges zu, bietet ihm aber, wie immer, eine originelle, packende, geradlinig und bildmächtig erzählte Geschichte.

Das Erfolgsrezept des noch jungen Koreaners könnte darin bestehen, dass er sich auf wenige Figuren konzentriert, diese mit einer Aura des Geheimnisvollen umgibt, die dauerhaft wirkt, weil nicht alles aufgeklärt wird, und dass er nur eine geringe Zahl an Handlungselementen wiederholt verwendet. Der Ablauf bleibt so überschaubar, wird aber trotzdem nicht vorhersehbar. Entstanden ist wieder ein schnörkelloses Werk radikaler Logik: Ein Ehemann betrügt seine Frau, die sich daraufhin einen Todeskandidaten als Freund anlacht.

Das klappt allerdings nur, weil der Sicherheitschef des Gefängnisses ein Voyeur ist, der wie ein Alter Ego des Regisseurs und Drehbuchautors zwar nie selbst im Bild zu sehen ist, aber virtuos mit den Überwachungskameras umzugehen weiss und ab und zu mittels telefonischer Anweisung ans Personal ins Geschehen eingreift. Die laborartige Konstellation wird durch die Kapiteltitel "Eifersucht", "Hoffnung", "Leidenschaft" und "Verzeihen" unterstrichen, die verkünden, was in Reinkultur gezeigt werden soll.

Um eine gewisse Plausibilität zu erzielen, ist der Todeskanditat, der mit drei Zellengenossen auf seine Hinrichtung warten muss, sie aber hinausschieben kann, indem er sich selbst verletzt, jung und attraktiv, während die Ehefrau eine Künstlerin ist, die sich nicht an die klassische Rolle einer Mutter gebunden fühlt und Berichte über ihren zukünftigen Liebhaber schon länger im Fernsehen verfolgt. Prinzipiell übernehmen Medien eine wichtige Funktion als Beziehungsmoderatoren und in der Höhepunktssequenz entfalten sie mit einer Art Rückkopplung eine drastische Wirkung.

Auch wenn die Handlung mit vielen ritualartigen Stereotypen strukturiert ist, so hält eine sich zuspitzende Entwicklung das Interesse aufrecht. Die Hauptdarstellerin überzeugt in ihrer ambivalenten Situation als Duldende zu Hause und als Handelnde im Gefängnis, indem sie dieses Wechseln mit der angemessenen Unsicherheit versieht. Ihr Mann erscheint dagegen blass, und ihr Geliebter, dessen Beziehungen zu seinen Zellgenossen die Kapitelthemata zu reflektieren scheinen, kann sich verletzungsbedingt nur beschränkt profilieren. Geredet wird wenig, die kraftvollen Bilder sprechen für sich.

17.02.2024

4

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