Hallam Foe - This is my Story Grossbritannien 2007 – 96min.

Filmkritik

Über den Dächern von Edinburgh

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Der 17jährige Hallam Foe ist ein komischer Vogel. Komisch ist auch die Animations-Titelsequenz des gleichnamigen Films von "Young Adam"-Regisseur David Mackenzie: Ein frisch geschlüpfter Vogel verübt im Tierreich dreiste Streiche ohne recht flügge zu werden und kriecht am Ende ins Nest zurück.

Dieser hintergündig-beschwingte Einstieg - gezeichnet vom schottischen Cartoon-Star David Shrigley - setzt weit mehr als den für das Werk Mackenzies ungewöhnlich originellen Erzählton: Mithilfe vieler gezielt überzeichneter psychosozialer Störungen wird in den folgenden 96 Minuten ein ungewöhnlicher Abnabelungsprozess in oftmals grandiose Bilder gebannt.

Leider schwankt der Film allzu unbekümmert zwischen den Genres der realistischen Coming of Age-Studie, eines Krimi-Thriller-Dramas und eines modernen Märchens. Ausserdem verzettelt er sich auch zuweilen in Referenzen an Alfred Hitchcock (von "Vertigo" über "Das Fenster zum Hof" bis zu "Rebecca") und zerfällt dramaturgisch komplett unnötig in zwei Teile.

Aber der Reihe nach: Seit seine Mutter vor zwei Jahren starb, setzt der dadurch noch ein wenig seltsamer gewordene adoleszente Hallam alles daran, seiner faszinierend schönen neuen Stiefmutter eine Schuld daran nachzuweisen. Überhaupt, seine Mutter: Wie ein Filmstar hängt ihr Poster in Hallams Baumhaus, von wo aus er - Dachsmütze tragend und mit absurder Kriegsbemalung - mit dem Fernglas das Treiben seiner Umgebung beobachtet. Nicht um sich zu erregen, eher um etwas zu erfahren über das Leben, das der Anderen. Nachdem mit seiner Schwester die einzige Vertraute das feudal-verwunschene Herrenhaus in den schottischen Highlands verlässt, er seine Spielchen etwas zu weit treibt und schliesslich sogar den Verführungskünsten der verhassten Stiefmutter erliegt, ist es für Hallam Zeit zu verschwinden.

In Edinburgh beginnt ein neuer Film, Hallam findet ein neues Zuhause hinter einer alten Turmuhr, einen neuen Job als Küchenjunge und - seine Mutter. In Gestalt der ihr extrem ähnelnden Hotelmanagerin Kate, die er lange heimlich beobachtet und schliesslich sogar ganz real näher kennenlernt. Zu nahe vielleicht, denn so muss die Teenager-Masturbationsphantasie mit beunruhigend konkretem ödipalen Touch den Realitätscheck aushalten.

Besonders der letzte Teil des Films leidet unter der sprunghaften, nicht immer schlüssigen Erzählstrategie. Die Enttäuschung darüber kann auch die bestechende Präsenz des britischen Jung-Stars Jamie Bell (Billy Elliot) nicht ganz abfedern. Die von ihm verkörperte Hauptfigur Hallam kann in dieser nach "Young Adam" und "Stellas Versuchung" dritten Literaturadaption Mackenzies ihre literarischen Ursprünge nicht verleugnen, und auch die Story steht konsequent mit einem Bein im Fantastischen und sollte nicht zu sehr auf ihren Realismus hin überprüft werden.

Immerhin ist "Hallam Foe" eines aber ganz gewiss - Kino. Die sehr eigene Inszenierung und sinnlich komponierten Bilder machen "Hallam Foe" zu einem sensiblen Independentfilm mit pointierten Dialogen, Gespür für seine Figuren und großer Sympathie für psychische Eigentümlichkeiten. In mehrerlei Hinsicht wunderbar ist dieser Film also und widerborstig zugleich - typisch schottisch eben. Genau wie der Soundtrack, der komplett von Bands des Franz Ferdinand-Labels Domino stammt und der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären geehrt wurde. Für das skurrile filmische Gesamtkunstwerk gab es immerhin den Preis der Gilde deutscher Filmkunsttheater.

15.02.2024

3

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Kommentare

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Janissli

vor 7 Jahren

Der Umgang mit Verlusten ist sehr unterschiedlich. Die im Film gezeigte Lebens- und Leidensgeschichte des Hauptdarstellers war gut gespielt, etwas schräg und teilweise sogar spannend.


Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren

What a GREAT Movie!
Tolle Besetzung, Super MUSIK,
interessante Geschichte,
Etwas Schräg, aber selten so gut gemacht!
one of my favourits!


raffi44

vor 16 Jahren

ich fand den Film gut.


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