Irina Palm Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Grossbritannien 2007 – 104min.

Filmkritik

Eine anständige Witwe im Rotlichtmilieu

Filmkritik: Stephan Sigg

Maggie muss Geld für eine medizinische Behandlung auftreiben, die ihrem Enkel das Leben retten könnte. Als ihr eine Anzeige mit der Überschrift "Hostess gesucht" vom Londoner Club Sexy World ins Auge sticht, ist sie fest entschlossen, den Job zu ergattern, ohne zu wissen worauf sie sich einlässt.

Für die Witwe Maggie (Marianne Faithfull) steht das Wohl ihres schwerkranken Enkels an erster Stelle. Sogar ihr Haus hat sie schon verkauft, um seine medizinische Behandlung bezahlen zu können. Die Ärzte erhoffen sich von einer neuen Behandlung die ersehnte Heilung. Doch dafür muss der Enkel nach Australien fliegen. Woher soll die Familie dafür das Geld nehmen?

Maggie entdeckt im Londoner Stadtteil Soho eine Anzeige, in der ein Club nach einer Hostess sucht. Naiv meldet sie sich beim Club-Besitzer, um schnell eines Besseren belehrt zu werden. Anfangs glaubt niemand daran, dass es die spröde, anständige Witwe länger als einen Tag im Rotlichtmilieu aushält. Aber dann wird sie zur erfolgreichen "Irina Palm", bei der die Männer Schlage stehen.

Ex-Popstar Marianne Faithfull ist die Rolle der alles anderen als prüden Maggie wie auf dem Leib geschrieben. Überzeugend spielt sie die Entwicklung von einer spröden Vorstadtfrau, deren Höhepunkte das wöchentliche Kaffeekränzchen ist, zur erfolgreichen "Hostess" in der schrill-grellen Welt des Londoner Nachtlebens. Weniger als die Frage, ob der Zweck wirklich alle Mittel heiligt, geht es in "Irina Palm" darum, dass kein Mensch zu unterschätzen ist und manchmal ganz unerwartete Talente in einem stecken. Und selbst im reiferen Alter ist es nicht zu spät, diese Talente zu entfalten.

Mit "Irina Palm" zeigt Sam Garbarski einen Film jenseits von Kitsch und Realitätsverklärung. Er bringt zwei widersprüchliche Welten zusammen und zeigt, dass in beiden Positives und Negatives zu finden ist. Während der Alltag in Maggies Vorstadt deprimierend und düster jeden Ausbruch von Leben verhindert, macht es die sterile, hochmoderne Atmosphäre des Clubs "Sexy World" fast unmöglich, so was wie Gefühle zu entfalten. Da verfolgt man berührt, wie "Irina Palm" ihren Arbeitsplatz mit kleinen Mitbringseln von zuhause etwas persönlicher zu gestalten versucht. Ein bewegender Film zwischen ergreifender Tragik und frecher Komik, der nicht auf die Tränendrüsen drückt, sondern einen einfach warm ums Herz werden lässt. Etwas überfordert ist man nur mit dem abrupten Ende.

10.11.2020

5

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Ihr Nachname bedeutet ’Innenfläche der Hand’ und genau mit diesem Körperteil arbeitet Irina Palm in der Bar Sexy World. Es ist genial gemacht, dass man von dem ganzen Pornorummel fast überhaupt nichts sieht, sondern eher die menschlichen Probleme im Mittelpunkt stehen. Aber das beeindruckendste ist, wie Marianne Faithfull, die einstige Popikone und Superpartymaus der Sechziger Jahre in die Rolle der liebevollen Oma schlüpft, die sich dazu durchringen muss, hier das Geld für die nötige Behandlung des todkranken Enkels zu verdienen. Und es kommt sogar Komik auf, wenn die heuchlerische oder verklemmte Umgebung über Irinas vorübergehendes Handikap, den Penis-Arm, aufgeklärt wird. Auch der überraschende Schluss ist gelungen und verleitet zum Weiterdenken des Gesehenen, weil auch die Entwicklung der durchaus anrührenden zwischenmenschlichen Beziehung zu Barbesitzer Miki Manojlovic zu Herzen geht.Mehr anzeigen


raffi44

vor 16 Jahren

ich war fasziniert..


sternchen10001

vor 16 Jahren

Story zwar nicht lebensnah.. aber gut


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