CH.FILM

Brunaupark Schweiz 2024 – 91min.

Filmkritik

Kampf um den Lebensraum

Sarah Stutte
Filmkritik: Sarah Stutte

Ende 2018 wurde bekannt, dass eine Zürcher Wohnsiedlung vor dem Abbruch steht. Als Eigentümer setzte die Credit Suisse damit Hunderte Mieter:innen vor die Tür. «Brunaupark» porträtiert eine vielfältige Gemeinschaft, die sich gegen die Massenkündigung stemmt.

In Zürich soll die bestehende Brunaupark-Siedlung abgerissen werden, um Platz für 500 neue Wohnungen zu schaffen. Die ersten der insgesamt fünf Baukomplexe wurden vor fünfzig Jahren erstellt. Damals willigte die Pensionskasse der Credit Suisse ein, als Eigentümer des Baulands dort neben ihrem Geschäftssitz auch Platz für gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen. Nun will die Grossbank aber ihre Rendite durch den Neubau optimieren. Für rund 400 Bewohner:innen bedeutet dies die Kündigung.

Die beiden Regisseure Felix Hegert und Dominik Zietlow filmten drei Jahre lang vor Ort in Zürich-Wiedikon. Dabei porträtierten sie Anwohner:innen, nun schon seit gut fünf Jahren und auch weiterhin in ihren Wohnungen ausharren. Ein Wirt, der seine kleine Pizzeria auf dem Areal betrieben hat, weiss nicht, was er nun tun soll. Eine ältere Bewohnerin hat Angst davor, bald unter der Brücke schlafen zu müssen. Eine Gruppe 8-jähriger Mädchen findet derweil, das hässliche CS-Gebäude sollte stattdessen abgerissen werden und eine Opernsängerin singt in der Tiefgarage vom Abschied.

Die beiden Filmemacher haben dabei nicht nur ein gutes Auge für den langsam wachsenden Widerstand im Quartier, genährt aus den individuellen Erinnerungen. Sie zeigen auch, wie sich dieses Quartier verändert. Sie zeigen unter anderem, wie Menschen dort ausziehen und damit immer auch ein Stück Lebendigkeit mitnehmen. Tagtäglich wächst stattdessen die Ungewissheit. Hegert und Zietlow fangen in «Brunaupark» viele melancholische Augenblicke ein, die ein stimmiges Bild davon vermitteln, was hier an Geschichte, Heimat und Verbundenheit verloren geht und was an Hoffnung bleibt.

26.08.2024

4

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Kommentare

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Filmenthusiast

vor einem Monat

Nach dieser überaus gelungenen und traurigen Doku sollte man sich ünerlegen, ob man sein sein Konto bei der Credit Suisse noch behalten möchte. Im Grossraum Zürich sind solche Geschehnisse an der Tagesordnung, die Inhaber künden und bereichern sich rücksichtslos, seit Schengen besteht kein Mangel an neuen Mietern. Jeder ehrliche Vermieter, welcher nicht so vorgeht, ist im Grunde der angeschmierte, weil mit diesem rücksichtslosen Verhalten mehr Profit gemacht werden kann. Die Volksabstimmung im November wird zeigen, ob künftig ein noch rücksichtsloseres Vorgehen seitens der Vermieter legal werden wird.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 23 Tagen


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