It's A Free World... Deutschland, Italien, Spanien, Grossbritannien 2007 – 96min.
Filmkritik
Mutter und der Kapitalismus
Und wieder erweist sich Ken Loach als äusserst engagierter Regisseur. Sein neuer Film führt ihn zurück ins britische Arbeitermilieu, das er zum Schauplatz einer raffinierten Kapitalismuskritik um eine alleinerziehende Mutter macht.
Nach "The Wind That Shakes the Barley", einem Drama um die irischen Freiheitskämpfer der 1920er Jahre, mit dem Ken Loach 2006 in Cannes die goldene Palme gewonnen hat, kehrt der englische Regisseur nun wieder zu seinen Wurzeln zurück. Das bedeutet Low- statt Big-Budget, unbekannte Theaterschauspieler statt klingende Namen, sozialer Realismus im Hier und Jetzt statt Historiendrama. Dabei hat es der bekennende Trotzkist erneut auf die Ausbeuter der Arbeiterschaft abgesehen.
Die Ausgangslage ist durchaus bemerkenswert: Loach zeigt uns keinen schwerreichen Fabrikbesitzer, die kapitalistische Ausbeutung wird ausgerechnet von einer alleinerziehenden Mutter verkörpert. Angie (Kierston Wareing) lebt keineswegs in Reichtum und Luxus, sondern wurde von ihrem Arbeitgeber entlassen, ist also selbst ein Opfer des kapitalistischen Systems.
Mit ihrer Mitbewohnerin Rose (Juliet Ellis) gründet die engagierte junge Mutter deshalb eine eigene Arbeitsvermittlungsagentur. Was als Erfolgsgeschichte einer mutigen "self-made woman" beginnt, wird aber bald zu einem filmischen Angriff auf den Kapitalismus. Denn Angie beginnt, die Arbeitslosen und Asylbewerber, die sie als Taglöhner weitervermittelt, unverhohlen auszunutzen. Mit dem Argument, die Arbeitslosen sollen froh sein, wenn sie zumindest irgendeine Beschäftigung haben, wirtschaftet sie tüchtig in die eigene Tasche.
Die Wahl seiner Protagonistin macht deutlich, dass Loach es sich mit seiner Kapitalismuskritik keineswegs einfach macht. Zwar macht er aus seiner Absicht keinen Hehl, doch verteufelt er seine Hauptfigur nicht, sondern setzt sie in einen grösseren Zusammenhang. Auch wenn die Verantwortung des Einzelnen wichtig ist, betont Loach, krankt doch in erster Linie das gesamte wirtschaftliche System. "It's a Free World..." ist engagiertes, sozialkritisches Kino, das klar Stellung bezieht, ohne die Dinge übertrieben zu vereinfachen. Damit knüpft Loach einmal mehr an die Tradition des italienischen Neorealismus an.
Das grosse Übel zeigt sich bei Loach auch im unspektakulären Kleinen. Das bedeutet allerdings nicht, dass "It's a Free World..." kein spannender Film ist - dramaturgisch setzt der Film durchaus spannende Akzente. Damit funktioniert er nicht nur als engagierter Denkanstoss, sondern erzählt auch eine fesselnde Geschichte. Die vielschichtigen Figuren sind ausnahmslos hervorragend besetzt, Loach stellt sein Gespür für unbekannte Talente eindrucksvoll unter Beweis.
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Kommentare
Es zeigt meiner Meinung nach sehr gut wie der Kapitalismus funktioniert, die Arbeiter letztenlich die Sklaven sind und sich letztendlich niemand darum kümmert.
Absolut sehenswert imho
Der Film war stellenweise etwas langfädig, gewisse Probleme wurden nur angetippt, aber gibt zu denken.
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