Drachenläufer USA 2007 – 128min.
Filmkritik
Der steinerne Weg zur Vergebung
Der in der Schweiz aufgewachsene Regisseur Marc Forster wird schon bald James Bond über die Leinwand hetzen. Zuerst beweist er aber mit der Literaturverfilmung «The Kite Runner», weshalb er zu den gefragtesten Talenten Hollywoods zählt.
Die beiden Knaben Amir und Hassan sind beste Freunde. Sie spielen zusammen in den Strassen von Kabul und lassen gemeinsam Drachen steigen. Hassan ist der Sohn des Hausangestellten von Amirs Vater und würde für Amir alles tun - sogar Dreck essen. Doch Amir ist neidisch auf seinen treuen Freund, weil dieser von seinem Vater fast wie ein gleichwertiges Familienmitglied behandelt wird. Dabei gehört Hassan zum Volksstamm der Hazara, die von den Paschtunen in Kabul als minderwertig betrachtet werden.
Als Amir geschockt zusehen muss, wie Hassan von ein paar älteren Jungen vergewaltigt wird, wächst aus dem Neid auch noch Scham über die eigene Feigheit. An die wird er durch die Präsenz von Hassan dauernd erinnert. Darum beschuldigt Amir seinen Freund des Diebstahls. Der Vorwurf erzielt die gewünschte Wirkung: Hassans Vater entschliesst sich, seinen Arbeitgeber zu verlassen. Kurz darauf marschieren die Sowjets in Afghanistan ein. Amir und sein Vater flüchten in die USA. Dort erhält Amir viele Jahre später einen Telefonanruf: «There is a way to be good again.» Amir kann die auf ihm lastende Schuld begleichen, wenn er den Sohn des getöteten Hassan aus dem von den Taliban geschundenen Land befreit.
Die vom Schriftsteller Khaled Hosseini angesprochenen Themen sind breit gefächert, kehren aber immer wieder zum übergeordneten Motiv des Diebstahls zurück. Wie der Vater seinem Sohn eindringlich erklärt, ist der Diebstahl die grösste und einzige Sünde, und alle anderen Verbrechen sind lediglich eine Variation davon. Wer einen Menschen tötet, raubt ihm das Leben. Wer eine Person belügt, beraubt sie der Wahrheit. Dieser Grundgedanke treibt auch die aufwühlende Verfilmung voran.
Drehbuchautor David Benioff («25th Hour», «Stay») hat die zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin- und herspringende Erzählung von Hosseini in ein streng chronologisches Korsett gezwängt. Da durch die Verdichtung der epischen Handlung auch viele Feinheiten geopfert werden mussten, kann der Film von dieser gradlinigen Struktur nur profitieren. Auch die Kameraarbeit und die sonstigen technischen Mittel werden ganz in den Dienst der packenden Erzählung gestellt.
Die Geschichte von Hosseini ist ein berührendes Drama über die Kraft der Vergebung und ein Plädoyer für Toleranz, die auch in der einfühlsamen Fassung von Forster und Benioff ihre Wirkung voll entfalten kann. Sie haben aus dem Roman von Hosseini den wohl bestmöglichen Film geformt, der die Geschichte zwar simpler, aber keineswegs weniger herzzerreissend erzählt.
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Kommentare
Packender Film, der einen kleinen Einblick in die traurigen Entwicklungen und Lebenszustände in Afghanistan zuliessen.
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