Die Geschichte vom Brandner Kaspar Deutschland 2008 – 100min.

Filmkritik

Ein deftiges Schmankerl

Jean Lüdeke
Filmkritik: Jean Lüdeke

Die Mär vom gewitzten Wilddieb zählt zu den populärsten bayrischen Volksstücken überhaupt. Sie schildert die Geschichte eines Büchsenmachers, der den Tod überlistet, indem er ihm beim Kartenspielen 20 weitere Lebensjahre abluchst.

Joseph Vilsmaier ist das deutsche Film-Urgestein schlechthin. Als kleiner Junge nahm ihn sein Vater 1949 mit nach Berchtesgaden zu den Dreharbeiten des Brandner Kaspar mit Paul Hörbiger und Carl Wery. Knapp 60 Jahre später erfüllt sich der mittlerweile 70-jährige Vilsmaier seinen größten Wunsch, dieses beliebte Sujet zu verfilmen. Brandner Kaspar (brillant: Franz-Xaver Kroetz), verwitweter Büchsenmacher, lebt in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit seiner Enkelin Nannerl (Lisa Potthoff) in den Bergen am Schliersee. Mit Toni (Peter Ketnath), der Nannerl den Hof macht, bessert er sein Dasein durch Wilderei in den Wäldern auf. Kurz vor seinem 70. Geburtstag besucht ihn der Tod (auf bayrisch: "Boanlkramer"). Kaspar jedoch füllt den ungebetenen Dunkelgeist (Bully Herbig) mit Kirschgeist völlig ab, linkt ihn beim Kartenspielen, um somit seine Lebensverlängerung herauszuschinden. Bald aber merkt er, daß die gestohlenen 20 Jährchen auch ernüchternd ewig währen können.

"Es war für mich ein Wagnis, überhaupt an ein solches volkstümliches Werk filmisch heranzugehen. Und dann auch noch als mundartliche Komödie, die sowieso schwer zu verstehen ist. Aber ich denke, man sollte die originale Mundart beibehalten. Damit es auch beim größeren Publikum ankommt, und nicht nur als langweilige Theateraufführung irgendwann endgültig versandet, habe ich einen der beliebtesten deutschen Humoristen, Bully Herbig, den personifizierten Tod spielen lassen", bekräftigte Vilsmayer bei der Kinopremiere in München. Ein deftiges Schmankerl ist daraus entstanden, in dem Petrus im Paradies mit Bier, Brezn und Leder behosten Engeln das Zepter schwingt; eben Halloween auf bayerisch.

Zwei Film-Adaptionen (1949 und 1975), sowie unzählige Bühnenaufführungen hauchten dieser listigen Kunstfigur ewiges Leben ein. Aber wird der Brandner Kasper in einer Filmadaption noch vivider und authentischer? Ja, wenn auch auf andere, amüsantere und unanstrengende Weise. Angestrengt bleibt jedoch eines: Das Verhältnis von Theater und Film: Das bleibt, wie auch bei Literatur-Adaptionen, eine leidliche Liaison. Zu reizend und ablenkend die elektronischen Signale des Kino-Bildes, als daß man sich auf die darstellerische Qualität der einzelnen Darsteller konzentriert einlassen könnte. Auf statischen Bühnenbrettern werden dagegen die Protagonisten intensiver und präziser erlebt; die Mimik zollt dem Theater immer noch wesentlich mehr Tribut als dem bewegten Kino-Bild - gerade bei solch volkstümlichen Inszenierungen.

17.02.2024

3

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Kommentare

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kretschi

vor 11 Jahren

Ein ganz grosser Film, mit viel Spitzfindigkeiten. Diese versteht jedoch nur jemand, der in Oberbayern gelebt hat > für mich 1A


swisswuff

vor 15 Jahren

Nix für Zugroaste... aber eine oberbayrische Optik auf Leben und Tod, Liebe und Versöhnung mal wieder vor wunderschöner Landschaft herzhaft übertrieben auf den Punkt gebracht.


obione123

vor 15 Jahren

Wie haben uns ausgezeichnet amüsiert. Bully Herbig als «Boanlkramer» der sich mit mit List und Tücke und Kirschschnaps hinters Licht führen lässt. Der bayrischer Himmel, Erzengel Michael, die «Zwiderwurzn» die ab und an sein Flammenschwert vergisst, der Herr Portner, Petrus, alles sehr sehenswert.Mehr anzeigen


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