Filmkritik
Die Demokratie im Würgegriff der Wirtschaft
160 Minuten Minimonologe - eine Zumutung? Schon ein wenig. Mehr als eine Zumutung ist allerdings, wie Konzerne im Verein mit korrupten Politikern ihre Gemeinwesen unterjochen. Dies zu zeigen, wird der Kanadier Richard Brouillette nicht müde - das Publikum hoffentlich auch nicht. In Nyon gewann er 2009 den Preis der Schweizer Post.
Es ist ein Paradoxon: Alle sind wir Teil der Wirtschaft, und doch werden immer mehr Lebensbereiche dem ökonomischen Kalkül unterworfen (siehe auch "The Corporation"). Im Wirtschaftsleben selbst wird der Wind immer rauher, obwohl das kaum jemand schätzt. Gemäß den Zeugen, die Richard Brouillette versammlt, ist diese Entwicklung kein Zufall, aber auch nicht bewusst politisch herbeibeführt, sondern die Folge einer systematischen Okupation von Schlüsselpositionen und permanenten Pression von Entscheidungsträgern durch eine kleine Schicht an Profiteuren. Unter dem neoliberalen Motto "weniger Staat!" werden Gesetze geändert oder beseitigt, damit die Starken, also die Konzerne, tun und lassen können, was ihnen beliebt. Die Globalisierung ist dabei nur ein willkomener Steilpass, aber keineswegs die Ursache.
Was da in einer scheinbar klaren Gliederung in zwei Teilen mit insgesamt 10 Kapiteln präsentiert wird, ist in Tat und Wahrheit alles andere als eine schlüssig kategorisierte Beweisführung. Der Natur der Situation entsprechend, wenn einige kluge und kritische Köpfe ihre Gedanken vortragen, ohne sich abgesprochen zu haben, kommt keine gerade Linie sondern ein Reigen an Argumenten heraus. So entsteht nicht die Schönheit im Auge sondern die Logik im Kopf des Betrachters. Das klappt aber nur, weil die Vortragenden, zwölf Männer und eine Frau, offenbar beseelt von dieser Chance engagiert und lebendig formulieren, wie wenn sie persönlich zu uns sprächen.
Unter ihnen dürfte Noam Chomsky vielen bekannt sein - unter anderen, weil er Mitte Mai 2010 auf der Durchreise von Amman zur palästinensischen Uni Bir Zei an der israelischen Grenze umkehren musste. Und man kann allen Wissenschaftlern attestieren, dass sie bemerkenswert uneitel und immer so leicht verständlich wie möglich argumentieren, wobei meistens Beispiele aus dem Alltag herangezogen werden, um einen Sachverhalt zu erkläutern. In der Vermarktung geht Brouillette mit der Zeit: Das Werk kann als DVD von ihm bezogen werden. Während die intellektuelle Schockstarre nach der Finanzkrise langsam abklingt, ist jetzt der richitge Moment, sich mit ihren Ursachen vertieft auseinanderzusetzen. Die Diskussion ist hiermit fundiert lanciert.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung