Pazar - Der Markt Deutschland, Kazakhstan, Türkei, Grossbritannien 2008 – 93min.
Filmkritik
Die Kunst des Verhandelns
Ben Hopkins legt mit «Pazar - der Markt» eine leichtfüssige Komödie über die einfachen Prinzipen des Handels vor. Situiert hat er sie in einer kleinen Stadt im äussersten Osten der Türkei, nahe der Grenze zum Iran und den Kaukasusrepubliken Aserbaidschan und Armenien.
Protagonist dieser im Jahr 1994 spielenden multinationalen Koproduktion ist der Händler Mihram (Tayanç Ayaydin, der 2008 in Locarno mit dem Silbernen Leoparden ausgezeichnet wurde). Mihram kann alles beschaffen. Trotz seiner Anstrengungen bleibt sein Erfolg bescheiden, und seine Frau wird allmählich ungeduldig. Die Kunde, dass mit Mobiltelefonen Geld zu machen ist, dringt bis in diese entlegene Gegend. Den bevorstehenden Boom scheint Mihram nutzen können, als ihm vom lokalen Krankenhaus eine ordentliche Summe Geld anvertraut, um einen lebenswichtigen Impfstoff in Aserbaidschan günstig zu besorgen. Mit diesem «Kredit» wittert er seine Chance und plant ein lukratives Zwischengeschäft.
Nun kommt «Pazar - der Markt» richtig in Fahrt, es beginnt ein charmantes Roadmovie. Unterwegs mit Schmuggelware überquert er in seinem Pickup erfolgreich die Grenze zu Aserbaidschan. Dort nimmt er seinen Onkel Fazil (Genco Erkal) auf. Dank dessen Vermittlung und seinem Geschick kann Mihram die Schmuggelware zu einem guten Preis absetzen. Aber ist alles verhandelbar? Vertraut mit dem elementaren Grundsatz von Angebot und Nachfrage ist sein Verhandlungserfolg ganz unterschiedlich. Erstaunt nimmt er zur Kenntnis, dass der Preis für die Verkaufslizenz von Mobiltelefonen schlicht und einfach nicht verhandelbar ist. Auch mit Gott lässt sich schwer verhandeln, und die lokale Mafia bestimmt die Marktgesetze auf ihre Weise.
Dem britischen Regisseur Ben Hopkins gelingt es vorzüglich, mit seinem Blick von Aussen Facetten der türkischen Gesellschaft authentisch darzustellen - ohne allzu viele Klischees zu bemühen. Diese kenntnisreiche Auseinandersetzung mit der türkischen Kultur hat die einheimische Presse verblüfft und zu Lobeshymnen angestiftet. Hopkins verzichtet jedoch nicht auf dezent eingesetzte Ethnoklänge. Gleich zu Beginn schwebt eine Sängerin über einer Überlandstrasse dahin und kündet von den Vorzügen des Händlers Mihram. Sie wird von einem türkischen Volksmusik-Ensemble begleitet, das auf einem Pickup musiziert. Mit diesem ironischen, den Ethnokitsch zelebrierenden Exposé beginnt aber keineswegs eine Balkan-Burleske, die sich einem westlichen Publikum anbiedert.
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