Zweier Ohne Deutschland 2008 – 93min.

Filmkritik

Zwischen Testosteron und Todessehnsucht

David Siems
Filmkritik: David Siems

Rudern ist kein gefährlicher Sport, doch die beiden Jungs, die im Boot sitzen leben jeden Tag, als wäre es ihr letzter. Christian Oetzmanns Jugenddrama heftet sich an die Fersen dieser zwei jugendlichen Draufgänger und zeigt all die Konflikte, die in so jungen Teenager-Jahren dazugehören.

Es ist die Geschichte einer bedingungslosen und impulsiven Freundschaft. Als Ludwig (Jacob Matschenz) auf die neue Schule kommt, wird er sofort zum Blickfang des gleichaltrigen und zurückhaltenden Johann (Tino Mewes), der in dem virilen Jungspund all das erkennt, was er gerne wäre. Die beiden gegensätzlichen Charaktere ziehen sich umgehend in den Bann und verbringen fortan jede freie Minute miteinander. Mehr noch: Sie schlafen mit dem gleichen Mädchen und werden zum ehrgeizigen Ruderteam - sie sitzen im Zweier ohne Steuermann.

Die Metapher der Gefahr verliebter Teenager, die ohne ein richtungsweisendes Vorbild durch die Untiefen der juvenilen Sturm-und-Drang-Zeit rudern, geht auf die Novelle von »Spiegel«-Redakteur Dirk Kurbjuweit zurück. Regisseur Christian Oetzmann verfilmt nun, nach »Die Einsamkeit der Krokodile«, ein zweites Mal eine seiner Geschichten. Dabei interessiert er sich vor allem für die unausgewogene Balance zwischen unbeschwerter Jugend und bedingungsloser Todessehnsucht, die er fein beobachtet und austariert. Sein Ludwig ist schwer geschlagen von sozialer Inkompetenz und mit familiären Konflikten beladen, die zu Hause nur dann kurz ruhen, wenn sich ein anderer Todessehnsüchtiger von der halbfertigen Autobahnbrücke wirft, unter der das Elternhaus steht.

"Zweier ohne" hat seine stärksten Momente, wenn die Freundschaft der beiden Jungen in ungeahnte Extreme abgleitet. Und davon gibt es einige. Von dem unabdingbaren Willen überzeugt, vollkommen gleich zu sein, geben sich Ludwig und Johann fortan als Zwillinge aus, rasieren sich die Köpfe und tragen dieselben Klamotten. Erst als Johann heimlich eine Affäre mit Ludwigs Schwester Vera (Sophie Rogall) beginnt, gerät das impulsive Gerüst ihrer Freundschaft aus den Fugen.

So stark die beiden Hauptdarsteller Jacob Matschenz und Tino Mewes sind, so eckig wirkt bisweilen die Dramaturgie, die durch ärgerliche und altbackene Indie-Rock-Songs zugekleistert wird. Wer sich davon befreit, kann die Konflikte einer gefahrverliebten Freundschaft genießen, die - das sei vorweggenommen - nicht von großer Halbwertszeit ist. So überzeugt Christian Oetzmanns zweiter Film als emotionales Jugenddrama vor deutscher Kleinstadtkulisse, die zum Schauplatz einer rasanten Jungenfreundschaft wird, welche gefährlich zwischen Testosteron und Todessehnsucht pendelt. Und die sind bekanntlich ein elementarer Bestandteil der Pubertät.

06.07.2009

3

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