Rückkehr ans Meer Frankreich 2009 – 88min.

Filmkritik

Flucht nach innen

Filmkritik: Lynn Scheurer

François Ozon inszeniert eine langsame Annäherung zwischen einer Schwangeren mit Drogenvergangenheit und dem schwulen Bruder ihres verstorbenen Freundes. Der Stoff für einen berührenden Film wäre gegeben, doch mit der Kälte der Hauptfigur verschenkt "Le Refuge" sein Potential.

Ein junges Paar mit alten Gesichtern: Mousse (Isabelle Carré) und Louis (Melvil Popaud) sind Junkies. Im Bett vegetieren sie im Drogenrhythmus dahin. Heroinschuss, schlafen, Heroinschuss, schlafen. Doch eines Tages stirbt Louis an einer Überdosis. Mousse überlebt knapp - und mit ihr ein Teil ihres toten Freundes. Im Krankenhaus erfährt sie, dass sie schwanger ist. Gegen den Willen Louis gutbürgerlicher Eltern entscheidet sich Mousse, das Baby zu behalten. Sie flieht aus Paris und verkriecht sich im leerstehenden Haus eines Freundes an der Côte d'Azur.

Schon bald bekommt sie Besuch von Louis' schwulem Bruder Paul (Louis-Ronan Choisy). Mousse, die unterdessen auf Methadon umgestiegen ist, empfängt ihn unfreundlich und abwesend. Nur langsam dringt Pauls charmante Art zu ihr durch. Während ihr Bauch dicker und dicker wird (die Schauspielerin ist übrigens wirklich schwanger), freunden sich die beiden mehr oder weniger an. Wirklich liebevolle Bande entstehen aber zwischen Paul und Mousses Essenslieferanten Serge (Pierre Louis-Calixte), was der zickigen Schwangeren erst gar nicht passt.

Überhaupt ist Mousse nicht im Reinen mit sich und der Welt. Ihren schwangeren Bauch trägt sie herum wie ein Geschwür. Mit dieser Kugel, die ihren schlanken Körper deformiert, kann sie sich nicht anfreunden. Doch auch den Zuschauer hält sie auf Distanz. Die emotionale Geschichte, die noch mit einem dramatischen Ende aufwartet, vermag nicht zu berühren. Mousse ist weder symphatisch noch wirklich interessant, da man schlichtweg zu wenig über sie weiss. Erst gegen Ende von Pauls Besuch taut sie ein bisschen auf und gibt ihr Bedürfnis nach Geborgenheit preis.

Als Person bleibt sie dennoch ein unbeschriebenes Blatt. Vielleicht auch deshalb, weil man über ihr Leben vor Louis' Tod nichts erfährt. Was der plötzliche Verlust in ihr ausgelöst hat, kann man ebenfalls nur vermuten. Ihr stummes Gesicht gibt nur wenig Anhaltspunkte. Der Film kann seinen eigenen Rhythmus und eine gewisse Spannung aufrechterhalten, dennoch: Als Zuschauer verfolgt man die Figuren ohne an ihrem Schicksal wirklich Anteil zu nehmen, was den Film letztlich banal macht.

16.06.2010

3

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Kommentare

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jugulator

vor 14 Jahren

Als Fan von François Ozon bin ich über diesen Film mehr als enttäuscht. Es passiert einfach nichts interessantes und es war mir eigentlich so was von egal was diesen Personen geschiet. Nicht empehlenswert und langweilig...


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