Plastic Planet Österreich, Deutschland 2009 – 95min.
Filmkritik
Sauberes Kunststoffzeitalter?
Plastik ist überall, aber seine Gefahren sind vielen nicht bewusst. Im Stile von Michael Moore holt der Österreicher Werner Boote in seinem Dokumentarfilm zu einem kritischen Streifzug durch die Welt des Plastik aus.
Werner Bootes Grossvater war in der Plastikindustrie tätig. Früh hat der Filmemacher dadurch Kontakt zu dem Material bekommen, das vor 100 Jahren ein neues Zeitalter einläutete. Mit Home-Movies aus seiner Kindheit belegt Boote die Allgegenwart des Kunststoffs und trifft sich dann mit John Taylor, dem früheren Präsidenten von PlasticsEurope. Das erinnert an Michael Moore, doch im Gegensatz zum Amerikaner wird der Österreicher nie polemisch, er bleibt vielmehr zurückhaltend und immer höflich.
In Shanghai lässt sich Boote eine Fabrik zeigen, in der Plastik-Wasserbälle produziert werden. Über die Produktion an sich erfährt man aber nichts und ein Rätsel bleibt, wieso die Zusammensetzung des Balles mit gefährlichen Substanzen anschliessend auf dem Gipfel des Dachsteins erklärt wird. Klug ist hingegen die Verwendung von Found Footage über Tupper-Parties: Diese Szenen vermitteln die Stimmung der 1960er Jahre. Neben der historischen Perspektive kennzeichnet "Plastic Planet" aber auch der globale Ansatz. In der Sahara zeigt Boote die Spuren, die Filmdreharbeiten hinterliessen: Plastikberge türmen sich, die Jahrhunderte brauchen werden, bis sie verschwinden. In den Slums von Kalkutta wiederum wird ein Blick auf Müllberge geworfen, auf denen recycelbare Plastikflaschen gesammelt und billig verkauft werden.
Von der plastischen Chirurgie bis zum japanischen Künstler, von dem sich der Regisseur einen Plastik-Werner modellieren lässt, spannt sich der Bogen des Films. Auch Versuche mit Alternativen zum kaum abbaubaren und giftigen Kunststoff werden dokumentiert. Am Ende schliesst sich der Kreis dieses Streifzugs, wenn Boote hartnäckig versucht von John Taylor bei einer Plastik-Messe ein Statement zu bekommen und den Film am Grab des Grossvaters ausklingen lässt.
Ähnlich wie "Super Size Me!", "We Feed the World" oder "Let's Make Money" lebt auch dieser Dokumentarfilm von den Informationen und den vielfältigen Einblicken mehr als von seiner formalen Gestaltung. In der Fülle neigt "Plastic Planet" aber auch zu Oberflächlichkeit und Kurzatmigkeit. Gleichförmig plätschern die Szenen dahin, vieles wird angerissen, aber nichts verdichtet oder differenzierter analysiert. Zum Nachdenken anzuregen vermag Boote dennoch, auch wenn der Werbeslogan, dass man nach diesem Film nie wieder aus einer Plastikflasche trinken werde, entschieden zu hoch gegriffen ist.
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