Sounds and Silence Schweiz 2009 – 91min.
Filmkritik
Portrait eines Perfektionisten
Während fast jeder die Plattenmarke ECM kennt, ist der Kopf dahinter nahezu unbekannt. Wenn man die meist subtile Musik von ECM als Maßstab nimmt, ist das zwar logisch, Peter Guyer und Norbert Wiedmer widmen ihr erstes gemeinsames Werk aber gerade diesem Manfred Eicher, welches sich dem Objekt gleichfalls subtil nähert.
Peter Guyer und Norbert Wiedmer haben schon, jeder für sich, mit "Big Mac Small World" und "Schlagen und Abtun" originelle, prämierte und erfolgreiche Dokumentarfilme geschaffen. Zusammen ist ihnen wieder ein bemerkenswertes Werk gelungen, das den originellen und logischen Ansatz verfolgt, das Portrait des Musikproduzenten Manfred Eicher indirekt zu zeichnen: Mit der Musik, die er wählt, mit den Künstlerlnnen, denen er eine Plattform bietet, mit den Entstehungsbedingungen, die er "seiner" Musik verschafft, und nur zu einem geringen Teil mit seiner Person.
Unklar bleibt dabei, ob Eicher wirklich die Sphynx ist, als die er erscheint, oder ob das seiner geringen zeitlichen Präsenz und massiven Wortkargheit geschuldet ist. Haben nun die Filmautoren aus der Not eine Tugend gemacht oder einfach die angemessene (Hohl-)Form gefunden? Tatsache ist, dass die meiste Musik auf ECM in der einen oder anderen Weise minimalistisch ist, beispielsweise karg instumentiert. Wahrscheinlich werden die meisten eine Aufnahme von ECM besitzen oder wenigstens gut kennen: Der sensationelle Verkaufserfolg des "Köln Concerts" kommt dabei genauso in Frage wie die mittelalterlich angehauchte Musik von Arvo Pärt. Aber auch die Nische der europäischen Kunstmusik bis in die Gegenwart ist unter anderem mit Aufnahmen des Zehetmair-Quartetts und mit Aufnahmen von Werken Heinz Holligers vertreten.
Da allerdings stößt man bald an die Grenzen von Eichers Musikhorizont, so vielfältig seine Vorlieben auch sein mögen: Die aktuelle Avantgarde der Kunstmusik fristet auch bei ECM ein karges Dasein. Das ist für den Hauptteil des Publikums allerdings kein Nachteil, denn die MusikerInnen und KomponistInnen, denen wir im Film begegnen, schreiben leicht verständliche, klanglich angenehme Musik. In diesem Nebenprodukt, den Kurzportraits der "Gäste", liegt auch der Schatz des Films begraben. Der Blick hinter die Kulissen des Musikbetriebs, das Menschliche hinter der Kunst berührt und entschädigt für die knappe Information zur Persönlichkeit Eichers. Gezeigt werden Aufnahmesitzungen, Konzertvorbereitungen und Reisen. Viel Musik ist zu hören. Ein ruhiger Film für einen Winterabend.
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