Das Leben ist zu lang Deutschland 2010 – 83min.

Filmkritik

Film ist Lüge

Flavia Giorgetta
Filmkritik: Flavia Giorgetta

Dani Levy inszeniert einen Film im Film - und sich selbst. Dass dies nie verkopft wirkt, sondern Spass macht, liegt an den vielschichtigen Figuren. Vor allem am einstigen Erfolgsregisseur Alfie.

Alfie Seliger (Markus Hering) sieht sich als Loser. Und tatsächlich: Sein grosser Filmerfolg liegt Jahre zurück, seine Kinder hassen ihn, die Ehefrau betrügt ihn, und Bekannte haben vergessen, ob er Alfred oder Alfons heisst. Seit Jahren hausiert der Regisseur mit einem Drehbuch über den Karikaturenstreit. Kein Wunder, will kein Produzent die Verfilmung des explosiven Stoffs verantworten, der wahlweise "Mohammed lacht sich tot" oder "Moha-hammed" heissen soll. Das Blatt wendet sich, als eine russische Produzentengattin im trotteligen Alfie ein Objekt der Begierde sieht und ihren Mann zur Finanzierung des Projekts überredet.

Dany Levy verquickt in "Das Leben ist zu lang" wohl eigene Erfahrungen mit Fiktion. Die Szenen aus der Filmbranche scheinen trotz ihrer Überspitzung manchmal dokumentarisch, und bei aller ironischen Brechung wirkt auch Alfis Midlife Crisis zu authentisch, um rein erfunden zu sein. Da zeugt es von Konsequenz, dass Levy in seinem Film als Regisseur auftritt. Denn Alfie ist nur eine Figur der Figur Dani Levy, was Alfie natürlich durchschaut. Als er Levy hinterherrennt, entkommt er durch einen Schnitt zu einer Preisverleihung in San Remo. Hier sitzt sogar Jack Nicholson hinten in der Jacht, oder sieht da nur einer dem Hollywoodstar ähnlich? "Film ist Lüge", schreit Alfie und meint damit vielleicht auch sein Leben.

Die Filmgeschichte enthält viele selbstreflexive Werke grosser Regisseure. Mit seiner jüdischen Hauptfigur und seinem lakonischen Witz erinnert "Das Leben ist zu lang" am meisten an Woody-Allen-Filme. Sein Vexierspiel besticht mit rasanten Wortgefechten und einer grossen Bandbreite bekannter deutscher Schauspieler: Da steht Veronica Ferres als liebestolle Russin neben dem wunderbaren Udo Kier als Alfies durchgeknalltem Psychoanalytiker, Levys eigene Tochter Hannah als pubertierendes Gör neben Theaterschauspieler Markus Hering in der Hauptrolle. Yvonne Catterfeld darf hier ihr Image als dümmliche Seriendarstellerin untergraben: Ihre Figur ist neben Alfie die einzige, die ihre Gefangenschaft in Dani Levys Fiktion durchschaut.

Man mag Levy Eitelkeit vorwerfen, wenn er - selbstironisch natürlich - sich so inszeniert. Aber man kann auch stolz sein auf diesen Schweizer, der mit "Alles auf Zucker!" in Deutschland Preise abräumte und die Kinos füllte. Und wenn er in "Das Leben ist zu lang" das Ende in die Länge zieht, erfüllt sich vielleicht nur der Filmtitel. Diese Brechung des Rhythmus schmälert das Vergnügen nur minim.

15.09.2010

4

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Kommentare

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ylena

vor 14 Jahren

Schönes Filmplakat, aber Levy hat auch schon bessere Filme gemacht. Diesen kann man sich ersparen!


steinepa

vor 14 Jahren

Zugegebnermassen Woody Allen im Original liegt mir schon nicht und dann wurde ich auch den Verdacht nicht los, dass sonst noch so einiges abgekupfert war von anderen Filmen kürzlich. Sorry Dani Levy!


tatanja

vor 14 Jahren

Ob man dem Film Komödie sagen kann... Der Film ist sehr abstrus und hat mir nicht wirklich mehr als zwischendurch ein müdes Lächeln entlockt. Wobei der Film vermutlich gar nicht mehr erwartet. Und ja nicht nach dem zweiten Trailer suchen (nicht der der von Cineman verlinkt ist) sonst kennt man schon fast alle Pointen.Mehr anzeigen


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