Mammuth Frankreich 2010 – 92min.

Filmkritik

Die Emotionen des Langstrecken-Rentners

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Mit "Mammuth" greift das französische Regie-Duo Benoît Delépine und Gustave de Kervern ("Louise Hires a Contract Killer") erneut das Thema Arbeit auf. Jetzt wird der ätzenden Komik eine emotionale Komponente zur Seite gestellt.

Seit seinem 16. Lebensjahr hat Serge (Gérard Depardieu) gewissenhaft gearbeitet, nie hat er gefehlt, nie war er krank. Die letzten Jahre war er in einem Schlachthof angestellt und hat Schweine zerlegt. Nun ist er 60 und geht in den wohlverdienten Ruhestand. Die Rentenbehörde verlangt allerdings nach einigen ausstehenden Verdienstbescheinigungen früherer Arbeitgeber, und so macht sich Serge mit seinem alten Motorrad nicht nur auf den Weg zu den Orten seiner Jugend, sondern sieht sich zugleich mit seinen eigenen Emotionen konfrontiert.

Wie bereits bei "Louise Hires a Contract Killer" ist auch bei "Mammuth" die (Arbeits-)Welt eine ungerechte. Doch während sich beim Vorgänger die Spaßspirale immer gnadenloser in Richtung Groteske drehte, mischen sich hier ruhigere Töne in das Geschehen. Dabei ist es der lustvollen und nicht minder skurrilen Inszenierung von Delépine und de Kervern zu verdanken, dass der Film niemals in falsche Sentimentalität abdriftet, sondern sein absurder Charakter weiterhin im Vordergrund bleibt.

In loser Reihenfolge verdichten sich die skurrilen Episoden zu einem konsequent eigenwilligen Film, der über den Umweg des Humors nicht nur auf gesellschaftliche Missstände verweist, sondern dem Zuschauer zugleich das Gefühlsleben des grobschlächtigen Protagonisten näher zu bringen vermag. Erneut scheut das Regie-Duo weder Slapstick noch Situationskomik: Kein Einfall ist zu abwegig, keine Idee zu albern. Das mag manch einem als unzusammenhängende Sketchparade erscheinen, doch die (scheinbare) Dekonstruktion kausaler Zusammenhänge dient hier vielmehr der Betonung der Unabwägbarkeiten des Lebens, dem Zufall, dem Schicksal.

Diese Art der Dramaturgie verleiht dem Film - trotz der Fülle an überdrehten Einfällen - eine seltsame Authentizität, die es erlaubt, hinter der Komik etwas Berührendes zu erkennen. Ebenso geschickt stellt sich die Wahl der Darsteller heraus: Gérard Depardieu, uneitel wie nie, verleiht dem tumben Anti-Helden eine eigenwillige und charismatische Würde in seinem scheinbar aussichtslosen Kampf gegen den Alltag, Yolande Moreau brilliert erneut als schlagfertige und liebenswürdig-schroffe Gattin. Verpackt wird die Geschichte in schmuddelig wirkende und grobkörnige Bilder, die durch den Einsatz eines Super-16-Umkehrfilms erreicht wurden. Ein perfekter Look für einen Film, der sich vor dem direkten Blick auf die Unreinheiten des Lebens nicht scheut.

13.05.2024

4

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Kommentare

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Patrick

vor 12 Jahren

Gérard Depardieu passt hervorragend in die Rolle des komischen alten Kauz, und die Kameraführung ist im Dokustil. Die Story ist zu Skurril und die Menschen die er trifft sind extrem albern Ok das muss wohl so sein aber es war nicht mein Geschmack.


mahalia

vor 12 Jahren

super Film für Menschen mit Sinn fürs Skurile, sehr menschlich


spiritofmars

vor 14 Jahren

Gerard Depardieux hat mich in diesem Film positiv überrascht.


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