Tanzträume Deutschland 2010 – 89min.
Filmkritik
Pina Bauschs Vermächtnis
"Tanzträume" dokumentiert ein Projekt, das Pina Bausch angestossen hat. 40 Jugendliche proben im Wuppertaler Tanztheater ein tänzerisches Schauspiel. Der Film beschreibt die Gefühle der Akteure, den Prozess einer Entwicklung und ist zugleich eine Hommage an eine der grössten Choreographinnen der Ballettgeschichte.
Nein, es geht nicht um den "Schwanensee", auch nicht um "Saturday Night Fever" oder irgendeine modische Art von Moderne Dancing. In Pina Bauschs Tanztheater wird nicht Klassik zelebriert, werden nicht modische Ströme aufgenommen. Über dreissig Jahre hat die Bühnenkünstlerin und Choreografin das Tanztheater Wuppertal geprägt und bekannt gemacht. Ihr Credo war, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, dabei ging es weniger darum zu zeigen wie sich Menschen bewegten, sondern was sie bewegte. Das Stück "Kontakthof" entstand bereits 1978, im Jahr 2000 befasst sich eine Seniorentruppe mit diesem Szenarium und 2008 arbeiteten Jugendliche am "Kontakthof". Pina Bausch begleitete die Arbeit über ein Jahr und erlebt die Premiere, bevor sie Ende Juni 2009 in Wuppertal starb.
Rund 40 Schüler und Schülerinnen zwischen 14 und 18 Jahren hatten sich im Tanztheater Wuppertal eingefunden, um am Projekt mitzuarbeiten. Die jungen Leute lernen nicht nur Schritte, Bewegungen und Zusammenspiel, sondern auch Vorurteile abzubauen und einiges über sich selbst. Die ehemaligen Bausch-Tänzerinnen Jo Ann Endicott und Bénédicte Billiet, die das Bausch-Stück einstudieren, führen die Akteure und Akteurinnen behutsam und konsequent an ihre Aufgaben heran, an das Zusammenspiel, an Überwindung eigener Schwellen, letztlich zur «Veräusserung» der Gefühle. Pina Bausch scheint präsent, auch wenn sie nicht zugegen ist. Nicht als Domina, sondern als verständige Freundin, welche die jungen Darsteller in ihrer Selbstverwirklichung, in ihrem Selbstverständnis stärkt und fördert.
Anne Linsel versteht es, die Entwicklung, die Reifung und Bereicherung der Schüler und Schülerinnen subtil und hautnah zu dokumentieren. Der Film über «Tanzträume», die real werden, geht zu Herzen, bringt die Freude und kleinen persönlichen Triumphe rüber. Aber darüber hinaus ist er vor allem eine unaufdringliche Hommage an die Bühnenkünstlerin Pina Bausch. Er dokumentiert ihr Verständnis von Tanz und wird zum leisen Vermächtnis. Er zeigt die letzten Aufnahmen, das letzte Interview mit ihr.
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