Tuesday, After Christmas Rumänien 2010 – 99min.
Filmkritik
Ein Mann am Scheideweg
Ein Mann pendelt scheinbar leichtfüssig zwischen seiner Familie und der Geliebten. Eine unerwartete Begegnung bringt die Beziehungen aus dem Lot. Das arg karge und spröde Kammerspiel aus Rumänien wurde ans Filmfestival Cannes 2010 eingeladen.
Sie lieben sich, kuscheln zärtlich, und sind sich zugetan wie junge Verliebte. Doch Paul (Mimi Brănescu) ist verheiratet, Raluca (Maria Popistasu) seine Geliebte. Das Schäferstündchen gleich zu Anfang scheint sehr alltäglich. Aber wie selbstverständlich nimmt Paul danach das Familienleben auf - mit Ehefrau Adriana (Mirela Oprisor) und Töchterchen Maria.
Nichts deutet auf sein Doppelleben hin. Da sind keine Brüche, lieblose Routine oder Gleichgültigkeit auszumachen. Paul kümmert sich um seine Tochter, ist sich seiner Verantwortung als Vater bewusst, und lebt seine Gefühle bei der Geliebten aus. Die drängt ihn nicht, fordert nichts. Und doch fragt man sich dauernd: Wann fliegt das Verhältnis auf? Wann begnügt sich Raluca nicht mehr mit ihrer Rolle als Gespielin im Bett? Eines Tages behandelt die selbständige Zahnärztin ausgerechnet Pauls Tochter. Sie soll eine Zahnspange erhalten, und beide Elternteile sind dabei. Paul sitzt auf glühenden Kohlen, während Raluca cool und Adriana ahnungslos bleibt - vorläufig.
Ob heute oder morgen - Paul muss sich entscheiden für oder gegen die Familie, für sich oder für sie, letztlich für sie alle. Er ist der auslösende Faktor, der Mann am Scheideweg. Radu Muntean (Regie und Drehbuch) hat seine kammerspielartige Beziehungskiste so offensichtlich angelegt, dass ziemlich rasch klar wird, wie der der Hase läuft. Tuesday, After Christmas ist ein perfekt besetzter Schauspielerfilm mit Theatercharakter: dialoglastig, schwerfällig und intim, auch wenn das Werk keine emotionalen Funken sprüht, das ganze Spannungsdreieck zwischen drei miteinander vernetzten Menschen letztlich nicht besonders berührt. Hier wird der Kopf angesprochen, nicht das Herz.
Dass der Film in Rumänien spielt, tut eigentlich nichts zur Sache. Die Dreierkonstellation könnte sich ebenso in München oder Paris ereignen. Immerhin vermeidet Muntean jede moralisierende Wertung. Er hält sich zurück, begnügt sich mit der Rolle des Beobachters, des Seismographen. Die menschliche Beziehung zählt - auch in diesem gutbürgerlichen Kreis. Doch das erweist sich als nicht besonders spannend. Und schon gar nicht erregend.
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Kommentare
sehenswerter Film, gut gespielt, gut gemacht - berührt, wie das Leben eben
Ein interessantes Beziehungsdrama, besonders nachdem der Mann seiner Ehefrau von seiner Geliebten erzählt. Ihre Reaktion geht von Wut über Verzweiflung bis schliesslich zu Hass und ist wirklich bewegend. Am meisten berührt hat mich die Stelle, als er ihr sagt, dass sie sich beruhigen solle, da sonst nur alles schlimmer werden und sie ihn dann weinend fragt "Wie kann es noch schlimmer werden? "… Mehr anzeigen
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