Dreiviertelmond Deutschland 2011 – 95min.
Filmkritik
Der alte Mann und das Mädchen
Man kennt das: Ein alter Griesgram trifft auf einen jungen Menschen, und der verändert seine Sicht auf die Welt. Das können kitschige Filme mit tollen Altersrollen sein. Dreiviertelmond ist da anders. Er ist ehrlich.
Hartmuts Leben wird auf den Kopf gestellt, als ihn seine Frau nach 30 Ehejahren verlässt. Der Taxifahrer, der sein Leben hinter einem Schutzschild aus Vorurteilen und einer Abneigung allem Fremden gegenüber fristet, hat aber bald noch ein viel größeres Problem. Denn in seinem Taxi taucht die sechsjährige Hayat auf - mutterseelenallein. Sie spricht kein Deutsch und braucht die Hilfe des Grantlers, der erst überlegt, wie er sie wieder loswerden kann, dann jedoch erkennt, dass er dem Mädchen helfen muss, um so auch sich selbst zu helfen.
Elmar Wepper (Kirschblüten - Hanami) ist der Star von Dreiviertelmond - wenn auch nicht der einzige: Denn die Last des Films liegt zu gleichen Teilen auf alten und jungen Schultern. Wepper muss sich bemühen, dass die kleine Berlinerin Mercan-Fatima Türköglu ihm nicht die Schau stiehlt. Ihre Figuren raufen sich zusammen, auch wenn sie einander nicht verstehen. Das hält aber beide nicht davon ab, in Deutsch und auf Türkisch zu schnattern, ohne dass das Gegenüber auch nur die geringste Ahnung hätte, was gerade gesagt wird. Und dennoch verstehen sie sich irgendwie.
Dreiviertelmond hätte leicht zu einem Film mit Botschaft werden können - zuckersüß und belehrend. Doch dank des exzellenten Drehbuchs und der Regie des Grimme-Preisträgers Christian Zübert wird aus Dreiviertelmond ein wunderbar ehrlicher, zugleich jedoch auch sehr schöner Film, der sich mit dem Thema Toleranz, aber auch der Selbstfindung eines älteren Herrn befasst, der sein Leben noch einmal gründlich überdenken muss.
Weppers Hartmut macht keine 180-Grad-Wende durch. Klar ist auch, dass dies eine Freundschaft auf Zeit ist. In seiner unbeholfenen Art wird Weppers Figur jedoch zunehmend sympathischer. Wichtiger ist jedoch, dass die Figur des Taxifahrers immer authentisch bleibt. Das hilft, der Geschichte über die kulturellen Unterschiede, die Zübert im Grunde erzählen will, ein Fundament zu geben. Und auch wenn der Taxifahrer nicht von heute auf morgen ein neuer Mensch wird, so taut er doch auf. Alles kann besser werden, diese schöne Hoffnung nährt der Film.
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Kommentare
Dreiviertelmond kommt warmherzig, witzig und traurig daher und macht Hoffnung für jeden neuen Lebensabschnitt. In einer Nebenrolle ist die Schweizerin Marie Leuenberger zu sehen.
Ein ruhiger Film, aber mit allem, was ein Film haben muss: Liebe, Verlust, Freude und Trauer, Fremdheit und Vertrautsein.
Ein großartiger Elmar Wepper und eine (auf ihre kindliche Art) genauso berührende Mercan Türkoglu.
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