CH.FILM

Mit dem Bauch durch die Wand Schweiz 2011 – 96min.

Filmkritik

Wenn Kinder Kinder kriegen

Filmkritik: Ana Matijasevic

Die Schweizer Regisseurin Anka Schmid porträtiert Mütter, die noch Teenies sind. Die Langzeitstudie bietet erfrischend authentische Einblicke in ein Leben zwischen Windeln wechseln, Lehrabschlussprüfungen und Trennungen.

Auf dem Spielplatz stützt die junge Mutter ihre Tochter auf dem einen Schaukelpferd, auf dem anderen wippt der Vater der Kleinen. Mit diesem Bild zeigt Regisseurin Anka Schmid die verzwickte Situation in der sich Jennifer befindet. Sie musste sehr jung Verantwortung übernehmen und sehr früh erwachsen werden; der junge Vater hat es jedoch verpasst, sich der neuen Lebensherausforderung zu stellen und scheint es nicht einmal gemerkt zu haben.

Anka Schmids Dokumentarfilm Mit dem Bauch durch die Wand, dieses Jahr in einer Nebensektion auf der Berlinale zu sehen, erzählt über drei Jahre hinweg das Mutterwerden dreier Mädchen, die minderjährig schwanger wurden. Dabei befinden sie sich in völlig unterschiedlichen Ausgangssituationen. Sandra, die einen pflichtbewussten Freund an ihrer Seite weiss, kann ihre Lehre abschliessen und das Muttersein geniessen, schon bald mit dem zweiten Kind im Bauch und einer Familie im Hintergrund, die ihr den Rücken stärkt.

Die beiden andern Mädchen haben es um einiges schwieriger mit den Vätern. Die Beziehungen gehen in die Brüche, die beiden Jungs wollen einfach nicht zu Vätern reifen. Jasmines Kind wird vom Vater nicht als seines anerkannt, und ausser ihrer Schwester ist die eigene Familie keine grosse Hilfe. Jennifer wiederum ist oft allein mit dem Kind, dessen Vater mit seiner Clique Hip Hop-Auftritte hat. Trotzdem lässt der Schluss des Doks auch in diesen zwei Beziehungen eine Verbesserung erahnen.

Beeindruckend nah an den jungen Müttern zeigt Anka Schmid die neue Lebenslage der Mädchen. Nur zu Beginn der Dokumentation symbolisieren fiktionale Aufnahmen den Rausch des Verliebtseins. Was danach folgt, sind lebensnahe, nüchterne Bilder, die näher an der Realität sind als die Gedanken der Teenager, bevor sie schwanger wurden. Die urteilenden Blicke, die Sandra, Jasmine und Jennifer im echten Leben erdulden müssen, bleiben ihnen von Anka Schmid erspart. Mit dem Bauch die Wand gewährt dem Publikum einen angenehm unmoralisierenden Einblick in das Erwachsenwerden, der wenn auch jungen, so durchaus starken Mütter.

17.02.2024

3

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Kommentare

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anabah

vor 12 Jahren

Der Film dokumentiert relativ nüchtern, wie es ist, wenn man in jungen Jahren Mutter wird. Zwei von drei gehen sehr gut mit dieser Situation um, eine Dritte jedoch kriegt es nicht ganz auf die Reihe (Auch nicht erstaunlich, wenn man selber eine ungute Kindheit hatte).
Die Schnitte von der einen Mutter zur nächsten sind jeweils recht abrupt und sprunghaft, das fand ich etwas schade. Der Film ist aber empfehlenswert, nicht nur für junge werdende Mütter.Mehr anzeigen


smallsoldier

vor 13 Jahren

Informative Dok mit interessanten Einblicken in den Alltag von drei (sehr) jungen Müttern. Wenn einen die Thematik interessiert sehr zu empfehlen.
Leider hat mir persönlich etwas mehr Background gefehlt. Durch die Anwesenheit der Regisseurin und Protagonistinnen an der Vorpremiere in Zürich bekam man aber nach dem Film noch diverse Insider-Infos nachgeliefert, was den vierten Stern ausmacht. Ansonsten verdiente drei.Mehr anzeigen


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