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Boys Are Us Schweiz 2012 – 73min.

Filmkritik

Männer und Frauen sind Schweine

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Peter Luisi zeigt zwei Teenager-Schwestern, die sich selbstgerecht am anderen Geschlecht rächen wollen. Um Boys zu Toys zu degradieren, bedienen sie sich der Waffen der Frauen - vor allem aber denen der modernen Kommunikation.

Die 16-jährige Mia (Joëlle Witsch) ist am Boden zerstört. Martin hat sie verarscht, benutzt, angelogen. "Ich überlebe es nicht, nochmals das Opfer zu sein", schreibt sie aufgelöst in ihrem Blog. Die zwei Jahre ältere Schwester Laura (Deleila Piasko) versucht die Todtraurige aufzupäppeln. Männer seien eben alle gleich. Und weil eben alle gleich seien, so folgert Laura, könne man sich auch einfach einen x-beliebigen auswählen, um sich so stellvertretend am anderen Geschlecht zu rächen.

Mia schliesst sich der Logik der Schwester an. Über eine Internet-Kuppelseite sucht sie sich wahllos ein Opfer: Timo. Via Chat-Geschnatter und ruckelige Webcam-Bilder lullt sie den Ahnungslosen ein. Bevor aber der seinen neuen Schwarm zu einem Date trifft, verführt Laura ihn in einer Disco zu einem One-Night-Stand. Alles Teil des Plans. Was darin jedoch nicht berücksichtigt wurde: Das Mia plötzlich anfangen könnte, wahrhaftig Gefühle für Timo zu entwickeln.

Die chaotische Teenager-Gefühlswelt ein zeitloses Thema - man zapfe nur mal seine eigenen Erinnerungen an. Boys Are Us liefert da nicht zuletzt eine allgemeine Aufdatierung unfern der Realität. Balzen im Chat, Streicheleinheiten per SMS, Seelen-Striptease im Blog: Paarungswillige junge Menschen spielen heutzutage auf der Tastatur der Gefühle. Geblieben sind die Zahnspangen-Weisheiten und übersensiblen Gefühlswindungen, denen man zuhauf auch in Peter Luisis Film ausgesetzt ist.

Nach dem hochgelobten Der Sandmann hat der Schweizer Regisseur einen Gang zurückgeschaltet, seinem Einfallsreichtum aber auch in Boys Are Us genügend Platz gelassen. Ist das Rachespiel erst einmal gestartet, lässt er dreifach sehen, will heissen: Timo von einem Trio verkörpern. Damit veranschaulicht er die Willkür der Mädchen, differenziert aber auch deren Konsequenzen.

Zweifellos hat dieser Kniff seinen Reiz. Man kann sich darüber hinaus aber nicht des Gefühls erwehren, dass Luisi mit ihm und der sich daraus ergebenden unlinearen und repetiven Narration lediglich ein müdes Teenie-Drama aufwecken will. Die moralische Frage, ob in Liebesdingen Auge um Auge, Herz um Herz vergolten werden darf, ist ein schnell abblätternder Anstrich, und bald interessiert in Boys Are Us nur noch der Moment der Wahrheitsdarlegung. Wenn nach dem Film etwas hängen bleibt, dann nur ein ohnehin schon allgegenwärtiges Thema, nämlich wie unbegrenzt gut und böse die Möglichkeiten der modernen Kommunikation sind.

15.07.2024

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Kommentare

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snipersid

vor 6 Jahren

Für einen Schweizer-Film erstaunlich kalt und schonungslos. Definitiv mal etwas anderes. Technisch gut gemacht. Mir hat der Film gefallen.

Zuletzt geändert vor 6 Jahren


weinberg10

vor 11 Jahren

Eine witzige Variante der Beziehungsproblematik, die zeigt, dass alle irgendwie auswechselbar sind. Und die 3 Schlussmöglichkeiten fand ich auch sehr realistisch. Klar sind diese Spiele brutal und gemein, aber trotzdem hat mir dieser Film Spass gemacht.


pantelis

vor 11 Jahren

gleichgültig


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