I, Anna Frankreich, Deutschland, Grossbritannien 2012 – 93min.

Filmkritik

Fatale Liebe

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Ein Mann in den besten Jahren wird erschlagen in einem Londoner Appartement aufgefunden. Und ein herbeizitierter Kriminalkommissar begegnet in Tatortnähe einer schönen Frau, die ihn total fasziniert: Anna. Dies ist die Initialzündung für ein von Melancholie umflortes, hintergründiges Psychodrama. Und das Parkett für eine Darstellerkür der reifen britischen Stars Charlotte Rampling und Gabriel Byrne.

Der notorisch überarbeitete, ruhelose Ermittler trifft die geheimnisvolle Anna bald wieder. An einer Party für Singles. So beginnt eine Beziehungsgeschichte, der – man ahnt es – die Leichtigkeit des verliebten Seins abgeht. Der zwar hingerissene, aber von professionellem Misstrauen deformierte Polizist vermutet nämlich bald, dass die Dame seines Herzens mit hoher Wahrscheinlichkeit in genau das Kapitalverbrechen verwickelt ist, das er aufklären muss. Aber wie? Und warum?

Antworten gibt es in einem Kammerspiel mit Thrillermomenten, wo allerdings nicht Nervenkitzel, Actionszenen und emotionale Effekthaschereien im Zentrum stehen. Es geht in der zweiten Verfilmung des gleichnamigen Romans der US-Psychoanalytikerin Elsa Lewin primär um die Lust, die psychologische Chemie eines fatal verbandelten Paares zu ergründen.

Dazu passt ideal die raffinierte Bild- und Tonsprache, die eine unterkühlte Stadtatmosphäre mit beklemmender Sogwirkung erzeugt. Und natürlich das subtile Zusammenspiel eines extravaganten Schauspielerpaars: In der Rolle des Ermittlers glänzt der irische Charakterdarsteller Gabriel Byrne, stets eine verlässliche Grösse in der gehobenen Filmszene. Er skizziert überzeugend eine Männerbefindlichkeit im Zwiespalt von rauem Berufsalltag und ungestillter Liebessehnsucht. Und er rollt mit vornehmer Eleganz seiner Partnerin Charlotte Rampling quasi den roten Teppich für eine Glanzleistung aus. Die charismatische Engländerin, eine der wenigen Schauspielerinnen auf die der Begriff "Kultstar" zutrifft, zeichnet die zwielichtige Figur der Anna als ein irritierendes Wesen im Widerstreit von seelischer Zerrissenheit und sinnlicher Lebensgier.

Die Rampling, eine Meisterin im Spiegeln komplexer Frauenfiguren, spielt hier im Kinofilm-Regiedebüt ihres 40-jährigen Sohnes Barnaby Southcombe. Das hat einen ganz speziellen Charme, denn die Mama verströmt eine Erotik, die man von einer Dame Mitte 60 nicht unbedingt erwarten würde. Und so ist I, Anna ein stimmungsvolles, intelligentes, famos interpretiertes Psychodrama über eine fatale Liaison. Mit nachhallender Wirkung.

04.10.2012

4

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Kommentare

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G*L*N*F

vor 11 Jahren

Kein Meisterwerk aber trotzdem ein sehenswerter Film. Die sorgfältig und präzise erzählte Geschichte setzt sich schrittweise fort und entwickelt eine beachtliche Sogwirkung. Die Ausstattung ist exzellent und die Bilder teilweise toll. Leider spürt man aber auch den eifrigen Jungfilmemacher der unbedingt ein grosser Künstler sein möchte und dabei den eigenen Ideen nicht immer ganz vertraut. Die spezielle, schwer greifbare Stimmung von "I, Anna" und die tollen, äusserst zurückhalten spielenden Hauptdarsteller machen den Film aus meiner Sicht sehenswert. (Eigentlich 3 1/2 Punkte - aus Sympathie und weil's keine halben Punkte gibt: 4.)Mehr anzeigen


miriamg

vor 11 Jahren

Laaaaaangweilig. Null Spannung. Der Film ist dermassen flach, dass es schon fast eine Beleidigung ist. Gabriel Byrne kann eindeutig mehr als das.


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